In seiner Begrüßung wies der Vorsitzende des Aktionsbündnisses, Thomas Wisch, auf den geschichtsträchtigen November hin. „Mit dem 9. November jährt sich die Reichsprogromnacht“, erinnerte Wisch und mahnte: „Auch nach 81 Jahren müssen wir stets wachsam bleiben, damit es nie wieder zu so einem Terrorregime kommt.“ Der 9. November steht aber auch für die friedliche Revolution im Herbst 1989. Die Erfahrungen aus dem Engagement für eine demokratische Gesellschaft seien eine wichtige Grundlage für die Gestaltung unserer heutigen Gesellschaft.
Am 4. November vor acht Jahren kam es zur Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Auch dies, so Wisch, sei in den letzten Jahren ein zentrales Anliegen des Aktionsbündnisses gewesen. Er kündigte an, dass das Aktionsbündnis dieses Thema im ersten Halbjahr 2020 in einer Veranstaltung aufgreifen wird. „ Wir werden danach fragen, was das Land Brandenburg tun wird, um rechten Terror zu verhindern und Betroffene bestmöglich zu unterstützen.“
Staatssekretär Thomas Kralinski kündigte in einem Grußwort der Landesregierung an, den Dialog mit den Menschen in Brandenburg zu verstärken. Er begrüßte das Anwachsen des Aktionsbündnisses und betonte: „Wir zeigen damit, dass die Demokratinnen und Demokraten die Mehrheit sind. Meinen herzlichen Dank für dieses Engagement auch im Namen der Landesregierung. Und noch eine Bitte: Machen Sie unbedingt weiter so!“
Für die Landeshauptstadt Potsdam berichtete Stephan Altmann, dass sich bis heute 118 Städte, Gemeinde und Gebietskörperschaften in Deutschland zu einem Sicheren Hafen erklärt haben. Von diesen haben sich 27 in dem Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ zusammengeschlossen. Ziel des Engagements ist es, Menschenleben zu retten und ein humanitäres Europas zu gestalten.
Neue Mitglieder im Aktionsbündnis
Gleich vier neue Mitglieder konnte das Aktionsbündnis bei diesem Plenum in seinen Reihen begrüßen: den Landesverband Berlin-Brandenburg der Humanistischen Union, den Landesverband Brandenburg des Paritätischen, den Senftenberger FC ’08 und den Landesverband Brandenburg der Volkssolidarität.
Tobias Bauer von der Humanistischen Union betonte, dass es in ihrer Arbeit immer um Fragen von Demokratie und auch um die Abwehr von Rechtsextremismus gehe. Ellen Jordan vom Paritätischen erklärte, dass ihr Verband von der Gleichheit aller Menschen getragen wird. Es gelte eine menschenrechtsorientierte Haltung, die Diskriminierung ausschließt. Katja Beuthan und weitere Vorstandsmitglieder vom Senftenberger FC ’08 berichteten, dass sowohl Spieler und Spielerinnen als auch Mitglieder des Vereins oft von Rassismus betroffen sind. „Wir brauchen mehr Hilfe, um uns dagegen zu wehren, wir brauchen Unterstützung“, sagte Katja Beuthan. Der Verein ist eine wichtige Anlaufstelle für Kinder und Erwachsene mit Migrationshintergrund und vertritt eine klare Haltung gegen Diskriminierung. „Bei uns nicht, mit uns nicht!“, bekräftigte sie. Ines Große vom Landesverband der Volkssolidarität wies auf Unterwanderungsversuche von rechts in ihrem Verband hin. Unter anderem deswegen sei es wichtig, sich deutlich nach außen hin zu positionieren. Hierzu hat die Volkssolidarität schon vor einigen Monaten ein Positionspapier verabschiedet, in dem auf die antifaschistischen, demokratischen und sozialen Wurzeln der Organisation hingewiesen wird. Das Aktionsbündnis Brandenburg heißt alle neuen Mitglieder herzlich willkommen!
Jetzt erst recht! Wir lassen uns nicht hetzen
Kurz vor der Pause wurde es turbulent: Die Fotoaktion „Jetzt erst recht! Wir lassen uns nicht hetzen“ erforderte Austausch, Bewegung und Koordinierung – und das Aktionsbündnis zeigte einmal mehr: Gemeinsam schaffen wir das! Hintergrund der Aktion: Auch im nächsten Jahr wird die Kampagne „Wir lassen uns nicht hetzen. Brandenburg für alle!“ fortgeführt – mit Dialogformaten, Workshops und neuen Materialien zur Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements.
„Haltung zeigen! Herausforderungen im Umgang mit Rechtspopulismus und Rechtsextremismus“ lautete der Titel der Diskussion im Fishbowl-Format im letzten Teil des Plenums. Mit uns diskutierten Diana Hennig, Sprecherin der Thüringer Bündnisse, Initiativen und Netzwerke gegen Rechts, Michael Nattke vom Bündnis Tolerantes Sachsen und Mitarbeiter des Kulturbüros Sachsen und Heike Radvan, Professorin an der BTU Cottbus-Senftenberg. Michael Nattke betonte, dass man mit Vertreterinnen und Vertretern von Parteien nicht zusammenarbeiten müsse, wenn diese sich rassistisch äußern. Vielmehr sollte man sich zunächst fragen, ob es für das Ziel der eigenen Veranstaltung notwendig ist, Personen einzuladen, die menschenfeindliche Positionen vertreten. Meist, so Nattke, sei das nicht der Fall.
Diana Hennig verwies auf den Artikel 1 des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Mit diesem Grundsatz lasse sich in vielen Fällen gut argumentieren. Heike Radvan untersucht derzeit verschiedene parlamentarische Anfragen und Gesetzesvorschläge der AfD im Brandenburger Landtag. Ein Fokus liege hier nach wie vor auf dem Thema Migration. Doch daneben fällt laut Radvan vor allem eine starke Feindschaft gegen Geschlechtergerechtigkeit auf. Diese äußert sich beispielsweise darin, dass in diesen Kleinen Anfragen die Legitimität der Gleichstellungsbeauftragten in Frage gestellt werde.
Zahlreiche Mitglieder beteiligten sich an der Diskussion über die Frage, welche roten Linien angesichts der aktuellen Herausforderungen notwendig sind. Unter anderem wurde der stärkere Blick auf eigene Aktivitäten angeregt, anstatt sich immer auf die Rechten zu fokussieren. Diana Hennig fügte an, dass in den Thüringer Einstellungsumfragen etwa ein Fünftel der Befragten schon seit vielen Jahren gefestigte rechte Einstellungen aufweisen und nur ein kleiner Teil dieser Gruppe erreicht werden könne. Von mehreren Mitgliedern wurde die Wichtigkeit der Vernetzung der Demokratinnen und Demokraten untereinander betont – um sich selbst und andere zu schützen und über aktuelle Bedrohungslagen zu verständigen. Und um gemeinsam für demokratische Werte einstehen zu können.
Zum Ende der Diskussion betonte Diana Hennig, dass wir der Gesellschaftsfähigkeit und Normalisierung des Rechtsextremismus entgegenwirken müssen. Michael Nattke stellte fest, dass wir uns zu oft an den neuen Entwicklungen abarbeiten und stattdessen weiterhin unsere eigenen Inhalte in den Vordergrund stellen sollten. Heike Radvan appellierte daran, dass wir uns unsere demokratische Kultur zurückerobern sollten.
Vor allem rechtsextreme und rechtspopulistische Angriffe auf die Zivilgesellschaft stellen viele Mitglieder des Aktionsbündnisses vor große Herausforderungen. Sich gegenseitig zu unterstützen, ist ein Grundpfeiler unseres Zusammenschlusses. Aus diesem Grund hat die Geschäftsstelle verschiedene Handreichungen erarbeitet, die in den nächsten Wochen und Monaten durch weitere Themen ergänzt werden sollen. Auf dem Plenum wurden zunächst vorgestellt: „Neutralitätsgebot – wer muss neutral sein und was heißt das eigentlich?“, „Rechtsextreme auf dem Podium?“, „Rechte Kampfbegriffe – welchen Einfluss hat Sprache?“, „Parlamentarische Anfragen – warum und wie nutzen rechte Parteien dieses Mittel?“ und „Die eigene Vereinsarbeit schützen“.