© Christoph Schulze
Junge Alternative
Die „Junge Alternative für Deutschland – Brandenburg“ (JA Brandenburg) ist eine rechtsextreme Jugendorganisation.
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Die „Junge Alternative für Deutschland – Brandenburg“ (JA Brandenburg) ist eine rechtsextreme Jugendorganisation.
Sie wurde am 12. Juli 2014 in Königs Wusterhausen gegründet und ist seit dem 18. April 2015 die offizielle Parteijugendorganisation der AfD Brandenburg. Das prominenteste Gesicht der JA Brandenburg ist deren aktuelle Vorsitzende Anna Leisten. Zu den Gründungsmitgliedern zählt unter anderem Jean-Pascal Hohm, der die JA Brandenburg bis 2016 führte. Weitere Gründungsmitglieder sind neben Hohm der aktuelle stellvertretende Vorsitzende der Jungen Alternative Berlin, Martin Kohler, sowie der aktuelle parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag, Dennis Hohloch. Seit dem Jahr 2019 wurde die JA Brandenburg beim brandenburgischen Verfassungsschutz als rechtsextremer „Verdachtsfall“ geführt, bis sie im Sommer 2023 als „gesichert extremistisch“ eingestuft wurde. Der aktuelle Bundesvorsitzende der Jungen Alternative, Hannes Gnauck, beschreibt die JA als „gut organisiert, motiviert, ideologische gefestigt, mutig, aufrecht und vor allem kameradschaftlich“.
Eigenen Angaben zufolge zählte die JA Brandenburg im Jahr 2022 etwa 120 Mitglieder, von denen jedoch bei Aktionen meist nur ein kleiner Kreis von Funktionär*innen in Erscheinung tritt. Die Mitgliedschaft steht sowohl jungen Mitgliedern der AfD als auch Nicht-Parteiangehörigen offen. Das Mindestalter für eine Mitgliedschaft beträgt 14, das Höchstalter 35 Jahre. Viele Mitglieder der JA gehören gleichzeitig der AfD an. Zumindest formal ist die JA Brandenburg unabhängig von der Mutterpartei.
Im September 2019 erfolgte das „Rebranding“ der Jungen Alternative sowohl auf Bundesebene als auch in den einzelnen Landesverbänden. Seitdem ist die blaue Flamme das Logo der JA. Einhergehend mit der Professionalisierung der JA hat der Brandenburger Landesverband seit März 2020 sogenannte JA Botschafter. Diese „dienen den Interessenten und AfD-Mitgliedern als lokale Ansprechpartner. Sie organisieren Stammtische, führen Aufnahmegespräche und stehen für Anfragen jeglicher Art zur Verfügung.“
Ziele der JA Brandenburg
Der frühere Vorsitzende der Jungen Alternative Brandenburg, Jean-Pascal Hohm, formulierte zwei Hauptziele für deren Arbeit. Sie solle als „Kaderschmiede und Innovationsmotor“ für die AfD fungieren. Konkret bedeutet dies für Hohm, dass die JA junge Menschen intellektuell ausbilden solle, neue Wähler*innenschichten zu erschließen habe, sich in der Mitte der Gesellschaft verankern solle und inhaltliche Impulsgeberin für die AfD zu sein habe. Hohm beschreibt im Podcast „Die Lagebesprechung“ vom extrem rechten Netzwerk Ein Prozent im Gespräch mit Jonas Schick, wie er sich das Verhältnis zur Mutterpartei vorstellt: „[…] die Akteure sind aktivistisch unterwegs und unternehmen gemeinschaftsstiftende Aktivitäten miteinander. Später steigen sie dann als Mandatsträger und Funktionsträger in der AfD auf.“
Spätestens seit Ende 2021 ist ein weiteres Ziel in den Fokus der JA Brandenburg gerückt. Die seit 2016 in verschiedenen Positionen im Vorstand sitzende Anna Leisten formulierte auf dem Landeskongress der JA Brandenburg im November 2021, dass „das patriotische Lager zu einer Mosaikrechten werden müsse“. In der 39. Ausgabe des rechtsextremen „Info Direkt Magazin“ wird unter dem Titel „Patriotische Subkultur leben. Zu Besuch beim Landeskongress der ‚Jungen Alternative Brandenburg‘“ beschrieben, dass die JA Brandenburg den Ausbau der sogenannten Mosaikrechten vorantreibe.
Der Begriff „Mosaikrechte“ wurde vom Autor der Zeitschrift Sezession, Benedikt Kaiser, geprägt und beschreibt ein Sammelsurium aus Denkfabriken, Periodik und Jugendbewegungen. Ein Beispiel hierfür ist ein Rechtsrockkonzert, das die JA Brandenburg zusammen mit dem extrem rechten Cottbuser Label „Sub:version Production“ im Dezember 2023 organisierte und sich in den Versuch einreiht, eine neurechte Jugendkultur zu etablieren. Begleitet wurde das Konzert von zahlreichen Medienaktivist*innen vom rechtsextrem Compact-Magazin und vom „Filmkunstkollektiv“, mit denen die JA Brandenburg regelmäßig zusammenarbeitet. Darüber hinaus wird der Ausbau der „Mosaikrechten“ vorangetrieben, indem regelmäßig andere Akteur*innen der extremen Rechten zu Veranstaltungen eingeladen werden und deren Inhalte wie zum Beispiel von dem rechtsextremen Verein Ein Prozent und Produkte wie beispielsweise von „Hydra Comics“ aus Dresden auf den Social Media Kanälen beworben werden.
Andere strategische Ziele der JA sind Aktivismus und Gemeinschaftsbildung. Von Beginn an veranstaltete die JA Brandenburg verschiedene gemeinschaftliche Aktivitäten. Eine der ersten war eine Kanutour am 17. August 2014 in Senzig. Dabei trafen sich die Teilnehmenden zu Hause beim rechtsextremen ehemaligen Landesvorsitzenden der AfD Brandenburg Andreas Kalbitz und starteten von dort aus den Ausflug. Weitere gemeinschaftsstiftende Veranstaltungen fanden in den darauffolgenden Jahren immer wieder in verschiedenen Formaten statt, wie Bowlingabende oder Wanderungen. Nach einem „Jugend-Wandern“ bei Neuruppin von der JA Brandenburg, das zusammen mit dem AfD Kreisverband Havelland organisiert wurde, war das Fazit des Wochenendes: „Es stellt sich heraus, dass Parteiarbeit und Politik soviel mehr sein kann als Kundgebungen und ‚langweiliger‘ Parlamentsbetrieb – Mit uns macht es Spaß ein Deutschlandretter zu sein“.
Inhalte
Die deutlich zum Rechtsextremismus neigenden Mitglieder dominieren das Erscheinungsbild, den Ton und die Inhalte in der Organisation. Die Junge Alternative Brandenburg vertritt ein völkisches Gesellschaftskonzept und propagiert damit einhergehend die Idee eines ethnisch homogenen deutschen Staatsvolks. In Reden schüren JA Funktionär*innen Feindbilder und verbreiten Ressentiments gegen vermeintlich „Fremde“. Deutschen mit Migrationshintergrund wird von der JA Brandenburg abgesprochen, Deutsche zu sein.
In einer Rede von Hannes Gnauck, JA-Bundesvorsitzender und Abgeordneter der AfD-Bundestagsfraktion, auf einem Aktionstag der JA am 29. Oktober 2021 in Fürstenwalde (Spree) wird deutlich, was die JA Brandenburg ablehnt: „Es ist egal wie viele Vollzeitmigranten in Funk und Presse über ihr Leben als benachteiligte Minderheit herum opfern, sie sprechen alle die gleiche Propagandasprache: Vielfalt, Toleranz, Weltoffenheit, Diversität, Bunt, Queer, Inklusion und so weiter und sofort.“ Inhaltlich stand und steht die JA Brandenburg Akteur*innen des offiziell aufgelösten „Flügels“ nahe. An den „Kyffhäusertreffen“ des „Flügels“ nahmen Akteur*innen der JA Brandenburg teil. Als der „Flügel“ offiziell aufgelöst wurde, solidarisierte sich die JA Brandenburg mit diesem.
Eigene jugendpolitische Forderungen und Kampagnen, die etwa spezifische Probleme von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ansprechen, gehörten lange Zeit nicht zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Jugendverbandsarbeit der JA. Seit etwa Mitte 2017 änderte sich dies. Am 24. Juni 2017 führte die JA Brandenburg eine Veranstaltung mit Götz Kubitschek zum Thema „Die Polarisierte Jugend – politische Jugendarbeit in Zeiten des Umbruchs“ durch. Das von Götz Kubitschek mitgegründete Institut für Staatspolitik (IfS) gilt als „Denkfabrik“ der Neuen Rechten. Kubitschek war federführend daran beteiligt, das Konzept der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) in Deutschland zu verbreiten.
Sowohl inhaltlich, personell, im Auftreten als auch in Hinblick auf die Aktionsformen lässt sich bei der JA Brandenburg eine starke Orientierung an der rechtsextremen Identitären Bewegung feststellen. Im Juni 2018 hielt IfS-Geschäftsführer Erik Lehnert, der Referent der AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag ist, einen Vortrag für einen „Stammtisch“ des JA-Kreisverbandes Potsdam und im November 2019 fand erneut ein Vortrag mit Lehnert in Senzig statt. Diese inhaltliche Prägung führte unter anderem und trotz Abgrenzungsbeschlüssen der AfD dazu, dass Angehörige des JA-Landesverbandes wiederholt an Aktionen der rechtsextremen Identitären Bewegung teilnahmen. Beispielsweise war der seit 2017 im Vorstand der JA Brandenburg sitzende Franz Dusatko im Dezember 2016 an einer Sitzblockade mit etwa 30 weiteren Aktivist*innen der extrem rechten Identitären Bewegung vorm Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Zentrale in Berlin, beteiligt.
Ein weiterer Themenkomplex, den die JA am Rande bedient, ist die Klimapolitik. Im März 2021 führte die AfD Brandenburg gemeinsam mit der JA Brandenburg eine Veranstaltung zum den Themen „Heimatschutz, Naturschutz und Ökologie“ mit Jonas Schick durch. Der ehemalige Aktivist der Identitären Bewegung ist der Chefredakteur der Zeitschrift „Die Kehre – Zeitschrift für Naturschutz“. Die neurechte Zeitschrift ist bei Kongressen der JA häufig mit einem Stand vertreten und wurde wiederholt von der JA auf Social Media beworben. Anfang 2022 demonstrierten im hessischen Reinhardswald JA Kader, darunter die Brandenburger*innen, gegen den Bau von Windkraftanlagen. Konkrete eigene Forderungen und Lösungsansätze dazu wurden von der JA nicht präsentiert. Stattdessen blieb es bei Phrasen: „Mal wieder erleben wir, wie uns ein Stück Heimat genommen werden soll. […] Wir wollen nicht zusehen, wie Politik, Lobbyverbände und Großinvestoren dieses wunderschöne Kulturgut wie den Märchenwald nun auch zu einem Industriestandort umbauen wollen.“ Wenn sich die JA Brandenburg zum Thema Umweltschutz äußert, geht dies in der Regel mit völkischer Ideologie einher.
In Bezug auf Jugendpolitik rückte das Themenfeld der Hochschulpolitik im Sommer 2023 in den Fokus der JA. Im Juni 2023 posierten Aktivist*innen der JA mit ihren Fahnen und einer Deutschlandfahne vor der Universität Potsdam. Im Oktober 2023 fand eine Veranstaltung in Potsdam zum Thema „Widerstand an Hochschulen“ mit dem Referenten Erik Ahrens statt. Dieser ist Initiator des neurechten Projekts „GegenUni“ und Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl 2024, Maximilian Krah. Eigene Positionen, die über das Wettern gegen einen vermeidlichen „Genderwahn“ und „links-grüne“ Ideologie hinaus gehen, wurden bisher nicht öffentlich verbreitet.
Die JA und das Verhältnis zur AfD
Die Jugendorganisation ist eng an den AfD-Landesverband gekoppelt. Mehrere JA-Funktionär*innen waren und sind zeitweilig in der Landtagsfraktion oder bei AfD-Abgeordneten angestellt und engagieren sich auf regionaler Ebene in den Gliederungen der Partei. Einzelne Mitglieder der JA arbeiten zudem für brandenburgische Abgeordnete der AfD-Bundestags- und Landtagsfraktion.
Wie der AfD-Landesverband unterstützt auch die JA in Brandenburg die rechtsextremen Teile der Partei. Seit Beginn an folgt die Jugendorganisation weitgehend den politischen Schwerpunktsetzungen der AfD. Dennoch gab es in kleinen Teilen Widerstand gegen den Radikalisierungsprozess der Jungen Alternative. Das jüngste Beispiel sind die Verwerfungen im Landesvorstand der AfD Brandenburg nach der Teilnahme von Anna Leisten an der sogenannten Remigrations-Demonstration am 29. Juli 2023 in Wien. Organisiert wurde diese unter anderem von Gernot Schmidt, der einer der bekanntesten Aktivisten der österreichischen Identitären ist. An der Demonstration selbst nahmen zahlreiche Kader der Identitären Bewegung teil wie beispielsweise Martin Sellner. Neben Anna Leisten demonstrierte auch Stefan Pfau mit, der zu diesem Zeitpunkt als Beisitzer im Vorstand der JA Brandenburg war und seit November 2023 stellvertretender Vorsitzender ist.
Roman Reusch trat daraufhin aus dem Landesvorstand der AfD Brandenburg aus. Laut RBB-Recherche war der Landesvorstand seiner Forderung nicht gefolgt, ein JA-Mitglied wegen der Einstufung des Verfassungsschutzes als „gesichert extremistisch“ auszuschließen, und hatte lediglich eine Verwarnung ausgesprochen. Dem AfD-Bundesvorstand war die Verwarnung ebenfalls zu milde und forderte eine Ämtersperre von zwei Jahren für Leisten. Außerdem wurde sie per Beschluss aufgefordert, „alle Ämter in der ,Junge Alternative‘ unverzüglich niederzulegen“. Da die JA formal unabhängig von der Mutterpartei ist, sitzt Anna Leisten nach wie vor im Bundesvorstand der JA und ist Landesvorsitzende des Brandenburger Landesverbands.
Auf dem Landesparteitag in Jüterbog stellte sich der AfD-Landesverband im März 2024 demonstrativ hinter die als „gesichert rechtsextrem“ eingestufte Junge Alternative. Dem „Solidaritätsantrag“ der JA stimmten 99 Prozent der anwesenden Mitglieder zu.
Bei den Parteitagen der AfD ist die JA maßgeblich am Aufbau der Logistik beteiligt. Auf Demonstrationen übernimmt häufig Anna Leisten die Moderation für die AfD, Bürgerdialoge werden gemeinsam von AfD und JA durchgeführt und bei Kundgebungen helfen Aktivist*innen der Jungen Alternative beim Auf- und Abbau. Der brandenburgische Verfassungsschutzchef Jörg Müller bezeichnet die Junge Alternative Brandenburg als „logistische und aktivistische Straßentruppe“ der AfD.
Hannes Gnauck, der als Soldat tätig war und vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) als Extremist eingestuft wurde, sagte im Oktober 2021 in Fürstenwalde (Spree), dass die „JA in Brandenburg zur AfD gehöre, wie der Adler zu Deutschland“.