© Christoph Schulze
Compact-Magazin
Das Compact-Magazin ist eine extrem rechte, verschwörungsideologische Zeitschrift, die von der Compact-Magazin GmbH mit Sitz in Falkensee herausgegeben und verlegt wird.
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Das Compact-Magazin ist eine extrem rechte, verschwörungsideologische Zeitschrift, die von der Compact-Magazin GmbH mit Sitz in Falkensee herausgegeben und verlegt wird.
Hinweis: Im Juli 2024 wurde die Compact-Magazin GmbH und die Conspect Film GmbH vom Bundesinnenminsterium verboten.
Geschäftsführer der GmbH, Chefredakteur der Zeitschrift und Verantwortlicher im Sinne des Presserechts ist Jürgen Elsässer. Gegründet wurde das monatlich erscheinende Magazin im Jahr 2010. Zuvor war bereits eine Buchreihe unter gleichem Namen im Kai-Homilius-Verlag herausgegeben worden. Der Verlagseigentümer Homilius war an der Gründung der Zeitschrift beteiligt und bis Januar 2018 Chef der Compact-Magazin GmbH. Aktuell sitzt er im Vorstand und ist zusammen mit Elsässer und dem norddeutschen Unternehmer Jörgen-Arne Fischer-van Diepenbrock einer von drei Anteilseignern der Gesellschaft. Homilius ist auch Geschäftsführer der 9 Leben GmbH mit Sitz in Magdeburg und lässt die dort angebotenen Nahrungsergänzungsmittel über das reichweitenstarke Onlinenetzwerk von Compact bewerben.
Die geschätzte Auflage liegt nach letzten unabhängigen Recherchen bei ca. 40.000 Exemplaren. Ergänzend zu dem Monatsmagazin erscheinen mehrere kontinuierliche Print-Reihen wie Compact-Spezial (viermal im Jahr) und -Geschichte (dreimal im Jahr). Unregelmäßige Veröffentlichungen sind darüber hinaus Compact-Sonderhefte, -Aktuell und -Edition. In der Regel befassen sich diese Publikationen in einem größeren Umfang mit einem bestimmten Thema. Nachdem das Magazin im Dezember 2021 Beobachtungsgegenstand des Bundesamtes für Verfassungsschutz geworden ist, haben einige öffentliche Verkaufsstellen das Heft aus dem Sortiment genommen.
In den letzten Jahren hat Compact die Online-Präsenz sukzessive erweitert und verfügt unter anderem mit Compact-TV (152.000 Abonnent*innen) seit 2015 über ein eigenes Streaming-Angebot auf dem Videoportal YouTube. Seit September 2021 wird dort außerdem eine tägliche Nachrichtensendung ausgestrahlt, die abwechselnd von Katrin Nolte, Sophia Fuchs und Natalia Ziske moderiert wird. Zur mittlerweile zweitwichtigsten Social-Media-Plattform hat sich der Messengerdienst Telegram (61.000 Abonennt*innen) entwickelt.
Von Beginn an ging es insbesondere Chefredakteur Jürgen Elsässer auch darum, als politischer Akteur und Netzwerker in Erscheinung zu treten. Schon ab 2010 fanden unter dem Titel „Compact-Live“ in unregelmäßigen Abständen Veranstaltungen statt, die von 2012 bis (zuletzt) 2019 durch eine jährlich durchgeführte „Compact-Konferenz für Souveränität“ ergänzt wurden. Diese wurden in der Regel gemeinsam mit dem Institut de la Démocratie et de la Coopération aus Paris organisiert. Zu dem jeweiligen Schwerpunktthema traten dort diverse extrem rechte und verschwörungsideologische Referent*innen auf.
Das Compact-Magazin ist in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Sprachrohre extrem rechter Bewegungen geworden. Neben der inhaltlichen Schwerpunktsetzung dienen Sonderausgaben immer wieder auch der Porträtierung wichtiger Protagonist*innen wie zuletzt den sogenannten Querdenkern oder der extrem rechten Identitären Bewegung (IB). Werbeanzeigen im Magazin schalten beispielsweise die rechtskonservative Preußische Allgemeine Zeitung, der rechts-esoterische Kopp-Verlag und die Kampagnenplattform Ein Prozent. Diese wurde unter anderem von Götz Kubitschek, dem Mitbegründer des neurechten Thinktanks Institut für Staatspolitik, ins Leben gerufen, um rechte Initiativen zu unterstützen. Jürgen Elsässer gilt als einer der bekanntesten Unterstützer dieses Projekts. Regelmäßig mit Anzeigen und Artikeln vertreten ist auch die AfD. Inhaltlich steht Compact dem offiziell aufgelösten rechtsextremen Flügel um Björn Höcke nahe. Seit 2013 wirbt das Heft mit dem Slogan „Mut zur Wahrheit“, welcher ebenfalls das Motto der AfD ist.
Verschwörungsglaube und Krisenrethorik
Prägend für den Stil und die Sprache der Zeitschrift ist eine verschwörungsideologische Weltsicht, die politische Themen jeder Komplexität beraubt. In den Morden des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) sieht Compact das Werk von Geheimdiensten und entpolitisiert so die Vernichtungsideologie des Neonazismus. Das Magazin forderte deshalb die Freilassung der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe. Regelmäßig vermuten Autor*innen hinter politischen Ereignissen Intrigen und fremde Interessen, geheime Mächte die sich verschworen haben und Deutschland zerstören wollen. Es wird der Eindruck einer permanenten Bedrohung oder anhaltenden Krise vermittelt, deren Grundlage oftmals auf Verschwörungserzählungen basiert. Der Feminismus wolle die heterosexuelle Kleinfamilie zersetzen und der menschengemachte Klimawandel sei eine Erfindung, um wahlweise Energiekosten umzuverteilen oder die Vorbereitung eines „Blackout“ (ein geplanter Stromausfall großen Ausmaßes) zu verschleiern. In dem Magazin werden entsprechende Narrative aufgenommen, verbreitet und weiterentwickelt. Vermeintlich geheime Pläne werden aufgedeckt und angeblich Verantwortliche benannt und als Feindbilder markiert.
Zu den Themenschwerpunkten seit 2020 gehören die Coronapandemie sowie die staatlichen Maßnahmen im Umgang damit. Und auch hier zeigt sich ein bei Compact immer wiederkehrendes Denkmuster. Inhaltlich wird sich an den Themen der Pandemieleugner*innen wie Impfen oder der Ablehnung staatlicher Vorgaben zur Pandemieeindämmung orientiert. Kombiniert wird dies mit der Warnung vor einem drohenden Untergang Deutschlands. Neben Schwerpunktausgaben zu gängigen Verschwörungserzählungen wie dem Great Reset hat Compact Protagonist*innen der verschwörungsideologischen Querdenken-Bewegung porträtiert und ihnen wiederholt eine Bühne gegeben. Wie bereits zuvor in Bezug auf die AfD und Pegida sieht Compact und insbesondere Jürgen Elsässer in den Protesten der Pandemieleugner*innen eine gesellschaftliche Mobilisierung, die Anknüpfungspunkte für die extreme Rechte bietet.
Antisemitische Verschwörungserzählungen
Antisemitische Ressentiments tauchen im Heft immer wieder auf. In einer Vielzahl der Artikel stößt man auf antisemitische Codes wie den „Globalisten“, einer „Neuen Weltordnung“ oder dem Finanzkapital. Compact zeichnet das Bild eines von wenigen einflussreichen Personen gelenkten Kapitalismus, die meist von der US-amerikanischen Ostküste aus agierten. Politiker*innen auf der ganzen Welt würden ihr Handeln diesen machtvollen Personen unterordnen. Damit bedient Compact das antisemitische Bild einer Weltverschwörung. Dieses funktioniert auch ohne die explizite Nennung von Jüdinnen*Juden. Im Zusammenhang mit dem Antisemitismus finden sich auch antiamerikanische Deutungen. Diese können teilweise sogar den sonst in der extremen Rechten weit verbreiteten antimuslimischen Rassismus überlagern, etwa wenn US-Geheimdienste als die wahren Verantwortlichen hinter der Terrormiliz Islamischer Staat bezeichnet werden.
Antifeministische Diskurse spielen in Compact von Beginn an eine zentrale Rolle. Eine ablehnende Haltung formuliert das Blatt gegenüber staatlicher Gleichstellungspolitik, Feminismus und Homosexualität. Betont positiv bezieht man sich auf die traditionelle heterosexuelle Kleinfamilie. Hinter gendersensiblen Lehrkonzepten für den Schulunterricht sieht das Magazin eine „Homo-Lobby“, die gezielt versuche, Geschlechterrollen und heteronormative Vorstellungen zu destabilisieren. Feministische Politik wird generell als Angriff auf eine vermeintlich natürliche Konstitution der Gesellschaft verstanden.
Auch bei den Themen Flucht und Migration zeigt sich das rechte Profil von Compact. Bereits in der ersten Ausgabe 2010 wünschte man sich den aufgrund islamfeindlicher Aussagen bekannt gewordenen ehemaligen SPD-Politiker Thilo Sarrazin zum Bundeskanzler. Mit dem verstärkten Aufkommen asylfeindlicher Proteste im Jahr 2014 nahmen entsprechende Positionen im Magazin zu. Hinter internationalen Fluchtbewegungen vermutet Compact eine gesteuerte Maßnahme. Durch Verwendung von Metaphern wie „Flut“ und einer entsprechenden Bildsprache auf Titelseiten werden Asylsuchende als Gefahr dargestellt. Themen wie sexualisierte Gewalt oder islamistischer Terror werden ausschließlich als Problem der Einwanderungsgesellschaft beschrieben.
Hausblatt extrem rechter Bewegungen
Auffällig ist zudem eine ausgeprägte Anti-Establishment-Rhetorik, welche sich an einer vereinfachten Gegenüberstellung „Volk gegen Eliten“ orientiert. Während sich andere extrem rechte Zeitschriften in der Regel an einen eingeschworenen Kreis von Aktivist*innen richten, hat insbesondere Elsässer „das deutsche Volk“ als Zielgruppe auserkoren. In der Selbstinszenierung von Compact als Gegenöffentlichkeit werden etablierte Medien als „Lügenpresse“ diffamiert, sobald deren Positionen von der eigenen abweichen.
Compact versucht als vergleichsweise auflagenstarkes Magazin ein breites politisches Spektrum zwischen Verschwörungsideologien, Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit anzusprechen. Das Blatt dient zum einen als Werbeträger, zum anderen bietet es Personen aus verschiedenen rechten Zusammenhängen in Interviews oder als Autor*innen ein Podium. Regelmäßige Kolumnisten sind der österreichische Faschist Martin Sellner, der extrem rechte Publizist Manfred Kleine-Hartlage sowie der Verschwörungsideologe Oliver Janich. Über Interviews versucht Compact zudem, Persönlichkeiten außerhalb der eigenen Szene als Gesprächspartner*innen zu gewinnen.
Ein zentrales Motiv von Compact ist die Mobilisierung zum Widerstand. Entsprechend tritt auch Chefredakteur Elsässer als Redner bei verschiedenen rechten Protestveranstaltungen auf. 2014 sprach er auf den „Montagsmahnwachen für den Frieden“, die – anders als die klassische Friedensbewegung – durch verschwörungsideologische und antisemitische Inhalte geprägt waren. Nachdem Elsässer gewaltsame Ausschreitungen bei einer Demonstration der Gruppe Hooligans gegen Salafisten im Oktober 2014 in Köln verteidigt hatte, war er bei den Mahnwachen nicht mehr erwünscht. Später stand er mehrfach als Redner bei Demonstrationen von Pegida in Sachsen oder dem extrem rechten Verein Zukunft Heimat aus Brandenburg auf der Bühne. Die spontan entstandenen Hilfsangebote im Nachgang einer Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 – zu denen große Teile der extremen Rechten mobilisierten – wurden von Compact genutzt, um temporär ein Bürgerbüro in Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) zu eröffnen.
Nach dem Rückzug von bundesweit aktiven Akteuren der Pandemieleugnerszene wie Querdenken, ist eine organisatorische Lücke entstanden, die von regional unterschiedlichen Zusammenhängen versucht wird zu füllen. Auch Compact ist vermehrt dazu übergegangen als eigenständiger Akteur in Erscheinung zu treten, wobei insbesondere das Thema Impfen eine zentrale Rolle spielt. Auf Versammlungen tritt Jürgen Elsässer überregional als Redner auf. Einen bundesweiten Kampagnenausdruck erfuhr dieses Engagement zuletzt in einem von Compact, den neonazistischen Freie Sachsen, der verschwörungsideologischen Zeitschrift Demokratischer Widerstand, der rechten Gewerkschaft Zentrum sowie dem rassistischen Blog PI-News gegründeten „Impfstreikbündnis“.