Durch ihre stete Wiederholung sollen sie zudem Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch finden. Inwiefern führt Sprache zu einer Normalisierung extrem rechter und rassistischer Positionen?
Wer die Themen und Begriffe bestimmt, bestimmt auch den Diskurs
Sprache bestimmt unsere Sicht auf die Welt. Wörter sind oft mit Bildern oder Vorstellungen verknüpft. Das eigene Verhältnis zur Sprache beeinflusst auch das Denken. In der politischen Auseinandersetzung nimmt Sprache daher eine zentrale Rolle ein, im politischen Diskurs wird vor allem um Deutungen gerungen. Wer bestimmt, über welche Themen gesprochen wird (Agenda-Setting)? Wie genau wird über Themen gesprochen (Framing)? Und welchen Einfluss haben wir selbst darauf?
Steter Tropfen höhlt den Stein
Es gibt Worte, in denen sich direkt ein rechtsextremes Weltbild zeigt – „Schuldkult“ zum Beispiel. Rechte Kampfbegriffe wie „Messermigration“ oder „Überfremdung“ transportieren schon von ihrer Wortschöpfung her Bedrohungen oder Ängste. Andere Begriffe versuchen Rechtsextreme wiederzubeleben oder mit einer eigenen Deutung zu belegen, wie „Kameradschaft“ oder „Heimat“. Aber auch bei gängigen Begriffen wie Meinungsfreiheit gibt es Bemühungen, sie mit rechten Narrativen zu verknüpfen und dadurch umzudeuten. Der Begriff der Meinungsfreiheit wird benutzt, um sich selbst als Opfer zu inszenieren. Dann heißt es, in unserer Gesellschaft sei es für Rechtsextreme nicht möglich, die eigene Meinung zu sagen. All diese Begriffe prägen die Wahrnehmung von gesellschaftlichen Prozessen.
Unreflektierte Verbreitung rechter Begriffe führt zu Normalisierung
Es ist wichtig, sich kritisch mit rechten Positionen auseinanderzusetzen. Gleichzeitig sollten wir darauf achten, menschenfeindliche Äußerung nicht einfach nur zu zitieren, sondern sie immer einzuordnen und zu kontextualisieren.
Auch mit dem bloßen kritischen Teilen in sozialen Netzwerken helfen wir der Verbreitung rechter Inhalte. Ein Screenshot ist oft sinnvoller als der Original-Link. Gleichzeitig ist es ratsam, im selben Atemzug immer auch auf konstruktive Debattenbeiträge hinzuweisen.
Durch stete Wiederholung schreiben sich Begriffe in unser Gedächtnis ein – ein Prinzip, auf das rechte Diskursstrategien setzen. Deswegen sollten wir immer auch unsere eigene Sprache reflektieren: Welche Begriffe und Sprachbilder benutze ich? Gibt es Erzählfiguren, die ich unkritisch übernommen habe? Was kann ich ändern?
Um einer Normalisierung rechter Sprache entgegenzuwirken, muss ich rechte Kampfbegriffe erkennen und benennen. Auch wenn selbst in renommierten Zeitungen zuweilen von „Altparteien“ oder „Politcal Correctness“ zu lesen ist, sollten wir dies nicht unwidersprochen lassen.
Weitere Informationen:
Bente Gießelmann, Benjamin Kerst, Robin Richterich, Lenard Suermann, Fabian Virchow (Hg.): Handwörterbuch rechtsextremer Kampfbegriffe. 2. überarbeite Auflage. Frankfurt am Main 2019.
Kleiner drei: Schlachtfeld Sprache – Strategien gegen den Empörungs-Burnout.
Robert Feustel, Nancy Grochol, Tobias Prüwer, Franziska Reif (Hg.): Wörterbuch des besorgten Bürgers. Mainz 2018.