Antisemitismus bzw. Feindlichkeit gegenüber Jüdinnen*Juden existiert in sehr vielen unterschiedlichen Formen. Er kann sich in Worten oder Taten äußern: als Ausgrenzung, als Beleidigung, als Drohung oder auch als Angriff gegen Menschen und Einrichtungen, die als jüdisch wahrgenommen werden. Eine besondere Variante ist jener Antisemitismus, der sich auf Israel als jüdischen Staat bezieht. Anfeindungen gegen Jüdinnen*Juden können durch einzelne Menschen, Gruppen oder Strukturen passieren. Manchmal heißt es dann sogar, dass Jüdinnen*Juden besondere charakterliche Eigenschaften hätten. Oft werden Jüdinnen*Juden dabei als anders oder fremd dargestellt.
Wer einen antisemitischen Vorfall erlebt, sei es als direkt Betroffene*r oder als Zeug*in, weiß zunächst oft nicht, was er oder sie tun soll. Folgende Empfehlungen können Ihnen bei antisemitischen Vorfällen weiterhelfen.
Eingreifen
Bei einem antisemitischen Übergriff können Sie einschreiten – sei es durch Handlungen oder durch Worte. Wichtig ist, dass Sie dabei ruhig bleiben und Hilfe holen, wenn es notwendig ist. Hinter einem antisemitischen Vorfall steht ein antisemitisches Weltbild der Täter*innen. Das heißt: Es ist nicht Ihre Schuld oder die der Betroffenen!
Unterstützen
Im Falle eines Angriffs steht die Unterstützung betroffener Personen im Vordergrund. Wenn Sie sich als Zeug*in in der Situation nicht trauen einzugreifen, können Sie auch im Nachhinein mit den Betroffenen sprechen und Ihnen Hilfe anbieten. So zeigen Sie den Angegriffenen, dass sie nicht alleine sind.
Ihre Unterstützung kann dazu beitragen, die Situation für die Betroffenen erträglicher zu gestalten. Schon ganz kleine Dinge können helfen: So etwa aufmerksame Gespräche und Ermutigungen, aber auch die Vermittlung an die Fachstelle Antisemitismus Brandenburg oder die Opferperspektive. Sie können auch die Betroffenen direkt zu diesen Hilfsangeboten oder zur Polizei begleiten. Wichtig ist, dass Sie die Perspektive der betroffenen Person ernst nehmen, sie bestärken und sich an ihren Bedürfnissen orientieren.
Dokumentieren
Suchen Sie als Betroffene*r eine Ärztin oder einen Arzt auf und lassen Sie Verletzungen jedweder Art attestieren. Sichtbare Verletzungen sollten am besten fotografiert werden. Auch Sachschäden, etwa beschädigte Kleidung, Wohngegenstände, Schäden am Fahrzeug oder am Eingangsbereich der Wohnung, sollten dokumentiert und – wenn möglich – vorerst unverändert aufbewahrt bzw. gesichert werden. Das ist hilfreich, um gegebenenfalls Schadensersatz und Wiedergutmachung einzufordern. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, Sie finanziell zu unterstützen.
Gedächtnisprotokoll verfassen
Ob als angegriffene Person oder Zeug*in: Verfassen Sie ein möglichst detailliertes Gedächtnisprotokoll mit Ihren persönlichen Erinnerungen an den Vorfall. Denn Ihre Erinnerungen werden verblassen. Bei einem Gerichtsverfahren, das sich teilweise um Jahre verzögern kann, können Sie dann darauf zurückgreifen. Schreiben Sie sich unter anderem auf: Ort, Datum und Uhrzeit des Angriffes, Beschreibung der Täter*innen, den zeitlichen und räumlichen Verlauf. Wie begann die Eskalation? Von wo kamen Schläge/Tritte? Mit welchen Worten wurden Sie beschimpft? Nehmen Sie sich Zeit, und notieren Sie dabei nicht nur alles, was Ihnen aufgefallen ist, sondern auch solche Details, die zunächst nebensächlich erscheinen. Denken Sie auch an mögliche Zeug*innen des Angriffes.
Den Vorfall melden
Sowohl als betroffene Person als auch als Zeug*in können Sie den Angriff bei der Polizei melden. In Notfällen sollten Sie diese direkt unter der Nummer 110 rufen oder andere Leute bitten, dies für Sie zu machen. Ansonsten können Sie Vorfälle auch online im Internet bei der Onlinewache melden.
Auch wenn eine Anzeige nicht immer zum gewünschten Fahndungserfolg und zur juristischen Verfolgung sowie Verurteilung führt, ist es dennoch wichtig, antisemitische Vorfälle zu melden, um ein Strafverfahren gegen die Täter*innen in Gang zu setzen. Eine Anzeige bei der Polizei trägt oft dazu bei, die Sensibilität der Beamt*innen zu dem Thema zu schärfen.
Eine andere Möglichkeit ist eine Meldung bei der Fachstelle Antisemitismus Brandenburg. Sie ist für das gesamte Land Brandenburg unter anderem die zentrale Erstanlaufstelle für Betroffene von Antisemitismus. Sie nimmt diese Fälle auf, bietet gemeinsam mit Kooperationspartner*innen weiterführende Unterstützung an und gibt jährlich einen Monitoring-Bericht „Antisemitismus in Brandenburg“ heraus.
Sie können antisemitische Vorfälle über dieses Online-Formular melden oder wenden sich an die Fachstelle per Mail fachstelle.antisemitismus@kiga-brandenburg.org bzw. per Telefon: 0331 / 581 112 59