Was tun bei rechter Hetze im Netz?
In den sozialen Medien und in Kommentaren im Netz findet sich zunehmend rechte Hetze. Solchen Äußerungen muss man jedoch nicht tatenlos gegenüberstehen.
Immer wieder werden im Netz rassistische, antisemitische oder sexistische Aussagen oder Unterstellungen verbreitet oder Menschen sogar offen bedroht. Zum einen handelt es sich um bewusst eingesetzte politische Hetze, zum anderen um Hass-Posts einzelner Diskussionsteilnehmer*innen.
Wie stelle ich fest, ob eine hetzerische Aussage im Internet strafbar ist?
Unser Grundgesetz schützt die Freiheit, die eigene Meinung zu äußern. Dies kann geschehen, indem man sie ausspricht, aufschreibt oder durch ein Bild ausdrückt. Allerdings findet diese Freiheit ihre Grenze dort, wo die Freiheiten anderer Menschen betroffen sind. Daher kann das Recht zur Meinungsäußerung laut Grundgesetz durch „allgemeine Gesetze“ eingeschränkt sein. Ein solches Gesetz ist im Strafgesetzbuch der Paragraf 130 über Volksverhetzung.
Vor diesem Straftatbestand der Volksverhetzung gilt es jedoch zu klären, wo die Grenzen zwischen Hetze und Meinungsfreiheit, also zwischen strafrechtlich relevanten und weniger relevanten Äußerungen liegen.
Was ist Hetze? Wie unterscheidet sie sich von einer Meinungsäußerung?
Immer dann, wenn eine Person zu etwas wertend Stellung nimmt, äußert sie ihre Meinung. Sie trägt ihre Einstellung nach außen, so dass andere diese erkennen können. Im Fall von Hetze werden zwar Meinungen transportiert, doch ist dies nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt.
Hetze ist, wenn jemand…
- …zum Hass aufstachelt: Dies geschieht, wenn andere dazu angespornt werden, eine extrem feindliche Einstellung zu haben.
- …zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert: Dies liegt vor, wenn anderen Tod, Verletzung oder auch willkürliche Deportation gewünscht werden.
- …andere Menschen beschimpft: Beschimpfungen sind Äußerungen, die deutlich machen, dass man einen anderen Menschen nicht achtet.
- …andere Menschen böswillig verächtlich macht: Dies tut man, wenn man andere Menschen darstellt, als seien sie weniger wert oder als hätten sie keine Würde als Menschen, etwa bei einem Tiervergleich.
- …andere Menschen verleumdet: Verleumdungen sind Behauptungen falscher Tatsachen, obwohl man um deren Unwahrheit weiß. Ziel ist es, einen anderen Menschen oder eine Gruppe im Ansehen erniedrigen.
Volksverhetzung
Volksverhetzung ist nur dann strafbar, wenn sie sich gegen jemanden richtet, der zu einem bestimmbaren Teil der Bevölkerung gehört. Dazu muss genau festgestellt werden können, wer dazu gehört und wer nicht. Man muss in der Lage sein, die Betroffenen von der Gesamtbevölkerung Deutschlands eindeutig abzugrenzen.
Eindeutig abgrenzbar sind…
- …Gruppen, die durch ihre Nationalität, ihre Religion, ihre ethnische Herkunft oder durch ihre sexuelle Orientierung bestimmt werden (z.B. „die Türken“, „die Schwarzen“, „die Homosexuellen“, „die Flüchtlinge“).
- …Teile der Bevölkerung, die durch ihre Einstellung zur Politik, die Art, wie sie die Welt sehen, oder daran, wie arm oder reich sie sind, als eine besondere Gruppe ausgemacht werden (z.B. „die Sozialdemokraten“, „die Punker“).
Wer hetzt, mag zwar eine Meinung äußern, kann sich aber nicht auf die Meinungsfreiheit berufen. Juristisch gilt also: Hetze ist keine geschützte Meinung.
Weitere klassische Strafbestände im Zusammenhang mit Hass im Netz sind:
- § 185 Beleidigung
- § 186 Üble Nachrede
- § 187 Verleumdung
- § 240 Nötigung
- § 241 Bedrohung
- § 111 Öffentliche Aufforderung zu Straftaten
Wie zeige ich eine strafbare Äußerung im Internet an?
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, auch online gelten die allgemeinen Gesetze. Dennoch werden viele Straftaten nicht verfolgt, weil sie nicht nachgewiesen werden können. Diese Anleitung soll Klarheit verschaffen, wie eine Straftat im Internet zu beweisen ist.
Wie sichere ich Beweise?
Links:
Das Netz verändert sich ständig, und ein Link kann bis zur Aufnahme von Ermittlungen bereits ungültig sein. Gleichwohl ist der Link zu rechtswidrigen Inhalten das leichteste Beweismittel, um eine Tat im Kontext beurteilen zu können.
Aber aufgepasst: Bei Facebook ist es oft schwierig, den richtigen Link zu isolieren und zu kopieren, da der Link zur Facebook-Timeline immer andere Inhalte anzeigt. Dies kann mit einem Klick auf die Uhrzeit des Beitrages oder des Kommentars vermieden werden. Die Adresse, die dann im Browser erscheint, führt auch beim nächsten Aufruf an die gleiche Stelle.
Online-Archiv:
Links lassen sich über Dienste wie z.B. archive.today im Netz sichern und sind somit später wieder abrufbar.
Screenshots oder Ausdrucke:
Die Darstellung von strafrechtlichen Kommentaren im Netz und in den Kommentarspalten sozialer Netzwerke lässt sich am besten über Screenshots sichern. Unter Windows kopiert die Tastenkombination ALT und DRUCK das aktive Fenster und die Tastenkombination STRG und DRUCK den gesamten Desktop in die Zwischenablage. Unter Apple macht die Tastenkombination Umschalttaste+Befehl+3 einen Screenshot. Hilfreich sind auch Screenshot-Tools, da sie in der Lage sind, das gesamte Fenster – auch über den Bildschirmrand hinaus – aufzunehmen. Mit enthalten sein sollte auf jeden Fall ein Zeitstempel. Fotografieren Sie außerdem die URL des verfassendes Profils. Wenn Sie eine Anzeige erstatten wollen, sollten Sie darauf achten, nicht Ihre Daten abzubilden, etwa eigene Profilfotos, Gruppen, Freund*innen, andere offene Fenster.
Der Kontext spielt für Strafbarkeit und Schuld oft eine wichtige Rolle. Daher sollten Sie bei Kommentaren möglichst den gesamten relevanten Diskussionsverlauf abbilden. Bei Links zu externen Artikeln sollte auch der verlinkte Inhalt gesichert werden.
Zusätzlich zur Tat ist es ratsam, auch das Profil des mutmaßlichen Täters oder der mutmaßlichen Täterin zu sichern. Häufig wird empfohlen, die aktuelle Systemzeit zu fotografieren. Allerdings ist es auch ausreichend, Datum und Uhrzeit der Anfertigung zu protokollieren. Sollten Sie jedoch eigene Beobachtungen niederschreiben und diese nicht vollständig dokumentieren, müssen Sie damit rechnen, auch als Zeug_in vernommen zu werden.
Wo zeige ich an?
Viele Bundesländer bieten bereits die Möglichkeit, online Strafanzeigen zu erstatteten, auch in Brandenburg gibt es diese Möglichkeit. Anzeigen können darüber hinaus auch schriftlich oder persönlich bei einer Polizeidienststelle oder einer Staatsanwaltschaft erstattet werden.
Kann ich anonym anzeigen?
Polizeidienststellen werden nach der Identität von Anzeigenden fragen und gehen nicht allen anonymen Anzeigen nach. Die Jugendstiftung im Demokratiezentrum Baden-Württemberg hat unter dem Namen respect! eine alternative Meldestelle eingerichtet. Bei dieser muss man zwar seinen Namen angeben, doch er wird ohne schriftliche Zustimmung nicht an Dritte weitergeleitet. Vielmehr erstatten die Mitarbeiter*innen der Meldestelle die Anzeigen.
Auch auf der Seite www.hass-im-netz.info können Sie Hasskommentare melden. Darüber hinaus gibt es die Internet-Beschwerdestelle, ein gemeinsames Projekt von der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) e.V. und eco – Verband der Internetwirtschaft e.V.
Muss ich auf die Reaktionen der Behörden warten?
Nachdem Sie Beweise gesichert haben, nutzen Sie auch die Meldefunktionen der sozialen Netzwerke und jeweiligen Internetseiten und weisen Sie auf volksverhetzende Beiträge hin. Oftmals entfernen Moderator*innen diese dann oder sperren anstößige Nutzer*innen. Eine Anzeige ist trotzdem sinnvoll.
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, und auch in Onlinediskussionen gelten Standards der Menschlichkeit und des zivilen Umgangs. Auch Sie können dazu beitragen, rechtsextreme und rassistische Hetze im Internet einzudämmen.
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