Wahlcheck 2024
Am 22. September 2024 sind Landtagswahlen. In unserem Wahlcheck 2024 stellen wir Kandidat*innen vor, die mit der Verbreitung extrem rechter Ressentiments oder mit Kontakten zum organisierten Rechtsextremismus auf sich aufmerksam gemacht haben.
Jean-Pascal Hohm: Bindeglied zum rechtsextremen „Vorfeld“ der AfD
Laut donnert es durch die Straßen von Cottbus: „Deutsch und frei wollen wir sein!“. Eine Rotte junger Neonazis, die Gesichter mit Sturmhauben vermummt, brüllt diese Parole einem Einpeitscher nach, der sie per Megafon vorgibt. Der Mann am Mikro an diesem Dezemberabend im Jahr 2021 heißt Jean-Pascal Hohm und ist Kreisvorsitzender der AfD Cottbus. In dieser Zeit der Pandemie organisiert er Demonstrationen in der Lausitzmetropole gegen die Corona-Beschränkungen, an denen tausende Menschen teilnehmen.
Bald möchte Hohm, Jahrgang 1997, als Abgeordneter in den Potsdamer Landtag einziehen. Er wurde nominiert als Direktkandidat der AfD im Wahlkreis 43 (Cottbus I) und steht zudem auf Platz 9 der Landesliste.
Bei der Corona-Demonstrationen 2021 gab Hohm dem rechten Schwarzen Block nicht nur Parolen vor, sondern führte diese Gruppe auch an der Spitze des Aufzuges an. So sorgte er optisch für einen aggressiven und kämpferischen Ausdruck der Versammlung. Seine eigenen Reden waren voller Hass auf die parlamentarische Demokratie. Der Staat maße sich in der Coronakrise „Kontrolle über unsere Körper“ an, während er Frauen Schwangerschaftsabbrüche gestatte und die Außengrenzen öffne, empörte sich Hohm. Gegen die „bundesrepublikanischen Ja-Sager und Weggucker“ müssten „wir Ossis“ sich abgrenzen. Hohm sprach von einem „übergriffigen, von gewissenlosen Politdarstellern gekaperten Staat“ und befand: „Machen wir es kurz und knapp – dieses System ist krank!“
Die politische Karriere Hohms begann im Jahr 2014, als er zum Gründungsvorsitzenden des Brandenburger Ablegers der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ bestimmt wurde. Im Folgejahr organisierte der Gymnasiast Demonstrationen „für die Zukunft unserer Heimat“ gegen die Unterbringung von Geflüchteten in seinem damaligen Wohnort Zossen. Schnell radikalisierte sich der ehrgeizige Hohm und suchte die Nähe zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“.
Hohm war zugegen, als die „Identitären“ 2016 die CDU-Zentrale in Berlin versuchten zu besetzen. Gemeinsam mit dem damaligen Anführer der „Identitären Bewegung“ besuchte Hohm 2017 den Gästeblock beim Fußballspiel Babelsberg 03 gegen Energie Cottbus in Potsdam und stand am Rand einer Ansammlung vermummter Cottbuser Hooligans. Das Spiel wurde von massiven antisemitischen Parolen und Randalen der Cottbuser Fans begleitet. Im gleichen Jahr absolvierte er bei der rechtsextremen Kampagnenagentur „Ein Prozent“ ein Praktikum und verbreitete auf Twitter einen Song der Neonaziband „Hassgesang“. 2018 reiste Hohm dann nach Italien und besuchte dort Kontaktleute der neofaschistischen Bewegung „Casa Pound“ in Rom.
Das unkontrollierbare Verhalten ihres jungen Multiaktivisten Hohm brachte der AfD mehrmals Negativschlagzeilen ein. Da damals die Partei noch allzu offene Kontakte in den Rechtsextremismus vermeiden wollte, wurde er mehrmals aus der Schusslinie genommen. 2017 verlor er wegen seiner offenen Identitären-Kontakte einen Job als Fraktionsmitarbeiter im Landtag. Dann wurden Aktivitäten Hohms 2019 in einem Gutachten des Verfassungsschutzes als Belege des Ausmaßes des Rechtsextremismus in der AfD aufgezählt. Daraufhin gab er, der längst wieder für die Partei tätig war, seinen Posten als Beisitzer im Vorstand des AfD-Kreisverbands Cottbus auf und kündigte eine Stelle, die er beim AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer angetreten hatte. Wenige Monate später war das Stehaufmännchen Hohm wieder da – diesmal als Mitarbeiter des Landtagsabgeordneten Daniel Münschke.
Inzwischen braucht Hohm wegen seines Verhaltens keine Sanktionen aus der Partei mehr zu fürchten: Als Kreisvorsitzender der AfD in Cottbus sitzt er fest im Sattel. Er brüstet sich mit seinen Kontakten zu rechtsextremen Vereinen und organisiert ganz offen die Zusammenarbeit mit diesem Vorfeld der AfD.
Am 22. September 2024 wurde Jean-Pascal Hohm als Direktkandidat für den Wahlkreis Cottbus I in den Brandenburger Landtag gewählt.