Der Ruf nach nationaler, kultureller und religiöser Identität hat in der letzten Jahrzehnten nicht nachgelassen, sondern ist stärker geworden. Aber auch die kritische Arbeit an weniger „reinen“ und starren Selbstbildern und Gesellschaftsvorstellungen ist intensiver geworden. Im Zuge dieser Arbeit wird immer wieder betont, dass die Frage nach Identitätskonstruktion nationaler, ethnischer, kultureller, religiöser oder geschlechtlicher Art, sich nicht von der Macht- und Gewaltfrage trennen lässt. Schließlich scheinen kollektive Identitätskonstruktionen in der Regel Selbstidealisierungen zu sein, die Bilder des „Gefährlichen“ oder „Rückständigen“ benötigen, um die Sicherung eigener Vorherrschaft und die Diskriminierung der „Anderen“ plausibel erscheinen zu lassen. Wie konfliktgeladen die Lage ist, lässt sich an den „Verteidiger_innen“ des „christlichen Abendlandes“, an den Antigenderisten und nicht zuletzt an den Alltagspraktiken erkennen, die auf hierarchischen Bildern des „Eigenen“ und „Anderen“ beruhen und weiße europäische Privilegien verteidigen.
Identität ist kein unschuldiger Begriff. Vermutlich ist er auch kein biblischer oder christlicher, eher scheint er ein kirchlich gewachsener Begriff zu sein. In welcher Weise sind Theologie und Kirche damit in Macht- und Gewaltdynamiken involviert? Welche Perspektiven gibt es in Religionspädagogik und Theologie, die das Reden von „Werten der Aufklärung“, von „Leitkultur“ und „Integrationsleistungen“ beunruhigen und die möglicherweise Alternativen zu diesen Mustern bieten? In welcher Weise könnten Selbstbeschreibungen selbst- und gesellschaftskritisch vorgenommen werden? Wie wären Verletzbarkeit und Verletzungen zu thematisieren ohne die Perspektive von Widerständigkeit in antisemitischen, rassistischen oder antiziganistischen Verhältnissen zu vergessen? Diesen Fragen wird auf der Tagung interdisziplinär und aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen nachgegangen.
Weitere Informationen und Anmeldung sind demnächst über die Evangelische Akademie zu Berlin erhältlich.