Steffen Kotré: Höcke spricht ihm aus der Seele
Am 12. November 2023 sind die Bürger*innen im Landkreis Dahme-Spreewald in einer Stichwahl aufgerufen, die Nachfolge des bisherigen Landrats zu bestimmen. Nach dem ersten Wahldurchgang am 8. Oktober erhielt Steffen Kotré (AfD) die meisten Stimmen, der schon seit langem mit rechtsextremen Positionen auf sich aufmerksam macht.
Als Steffen Kotré vor einigen Jahren auf der Weihnachtsfeier des AfD-Stadtverbandes Frankfurt (Oder) eine Flasche Hochprozentiges in Form einer Kalaschnikow geschenkt bekam, freute sich der Bundestagsabgeordnete der Partei sehr: Die „Wehrfähigkeit unseres Vaterlandes“ sei schließlich „nicht mehr gegeben“, teilte er der Märkischen Oderzeitung mit. Eigentlich, so Kotré weiter, war das Geschenk für Andreas Kalbitz gedacht. Der ehemalige Landeschef und Fraktionsvorsitzende der Brandenburger AfD ist für seine Neonazi-Kontakte bekannt und war einer der Köpfe des offiziell aufgelösten „Flügels“ innerhalb der AfD.
Die beiden Männer eint nicht nur ihre Freude an Militärischem. Steffen Kotré, Jahrgang 1971, war Unterstützer des völkisch-nationalistischen „Flügels“, hat dessen Gründungsdokument unterzeichnet, die Erfurter Resolution, und wahrt auch sonst wenig Distanz zum rechtsradikalen Milieu. So beschäftigte er im Bundestag eine Mitarbeiterin mit Kontakten zur rechtsextremen Identitären Bewegung und zur schlagenden Verbindung Gothia. Kotré selbst ist Alter Herr der schlagenden Verbindung Corps Berlin und Gründungsmitglied des Zusammenschlusses „Korporierte in der AfD“.
Kotré leitet den AfD Kreisverband Dahme-Spreewald, ist seit 2017 Mitglied des Bundestags und fungiert hier als energiepolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion. Außerdem kandidierter er für die Landratswahl in Dahme-Spreewald im Oktober 2023 und erhielt im ersten Wahlgang die meisten Stimmen. Die Stichwahl findet am 12. November 2023 statt. Er fordert einen „Schulterschluss“ mit dem Verein „Zukunft Heimat“ und der Querdenken-Bewegung und trat bei einer Demonstration des rechtsextremen Vereins „Zukunft Heimat“ in Cottbus auch als Redner auf. Die Verflechtungen der AfD mit „Zukunft Heimat“ gelten als Paradebeispiel des strukturellen Zusammenwirkens mit der extremen Rechten.
Rechtsextreme Ansichten scheint er schon länger zu teilen. Anfang der 2000er Jahre erschien unter Kotrés Namen ein Dutzend rechtsextremer Texte auf Webseiten von Gruppen mit engen Verbindungen ins Neonazi-Milieu. Die Rubrik „Kotrés Welt“ und der Auftritt der Gruppe „Deutschherrenclub“ verschwanden 2004 wieder aus dem Netz, nachdem die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften Inhalte der Gruppe als antisemitisch und als „NS-Staat verherrlichende Ideologie“ eingestuft hatte.
Im selben Jahr erschien Kotrés Name auf einer Liste von Unterstützer*innen des Neonazis und Holocaustleugners Horst Mahler, darunter vielen NPD-Anhänger*innen und international bekannte Holocaustleugner*innen. 2022 ließ er sich in Brastislava bei einem Vernetzungstreffen mit rechtsextremen Politiker*innen aus der Slowakei und Polen fotografieren, die vorher durch Rassismus, NS-relativierende Äußerungen und das Infragestellen des Holocaust aufgefallen waren und zum Teil verurteilt wurden.
Auch mit Äußerungen zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine machte Kotré wiederholt von sich reden. So war er im Februar 2023 im russischen Staatsfernsehen bei dem als kremlnah geltenden Moderator Wladimir Solowjow zugeschaltet. Seine übersetzen Aussagen relativierte er später. Ein Jahr zuvor gab Kotré in einer Rede im Bundestag dem Westen eine „Mitschuld“ am Krieg und behauptete, dass es gegen Russland gerichtete Biowaffen-Labore in der Ukraine gäbe. Das führte sogar in den eigenen Reihen zu heftiger Kritik, sanktioniert wurden seine Aussagen jedoch nicht.
Im Bereich der Klima- und Energiepolitik bewegt sich der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der AfD-Fraktion oftmals fern der Wissenschaft: Der menschengemachte Klimawandel sei ein „Mythos“ und Reaktorkatastrophen könnten in Deutschland nicht passieren, dies sei „Panikmache“. „Atomkraft ist deutlich besser als Windkraft“, so Kotré. Windkraftanlagen sind für ihn die größten Umweltverschmutzer.
In der Migration sieht Kotré, wie viele in der AfD, einen „Fahrplan zur Überfremdung“ und eine „Erniedrigung des deutschen Volkes“. Beim diesjährigen Wahlkampf für das Amt des Landrats in Dahme-Spreewald äußerte er sich abwertend gegenüber den Bemühungen der Integration geflüchteter Menschen: „Der Landkreis sollte sich Hilfe holen, um Abschiebungen möglich zu machen. Die Integration bei uns ist völlig gescheitert. Wir brauchen diese Menschen nicht, auch nicht für unseren Arbeitsmarkt.“
Gefragt nach den rechtsextremen Vorfällen unter Schüler*innen in Burg, ordnete er die Ereignisse als „wohl aufgebauscht“ ein. Wie radikal Kotré, der früher Mitglied der FDP war, heute ist, fasst er selbst treffend zusammen: Der rechtsextreme Björn Höcke spreche ihm aus der Seele.