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10 Fakten über Flucht und Asyl
Weltweit nimmt die Zahl der Menschen auf der Flucht zu. In Deutschland und Europa wird um ihren Schutz zum Teil heftig gestritten.
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Weltweit nimmt die Zahl der Menschen auf der Flucht zu. In Deutschland und Europa wird um ihren Schutz zum Teil heftig gestritten.
Wichtig zu wissen ist dabei: Kein Mensch flieht freiwillig. Menschen werden vielmehr durch Kriege, Gewalt, individuelle und kollektive Verfolgung oder Unterdrückung dazu gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen und in anderen Regionen ihres Heimatlandes, oft aber auch in anderen Staaten Schutz zu suchen.
1. Wie viele Menschen sind weltweit auf der Flucht?
Ende 2022 waren weltweit rund 108 Millionen Menschen auf der Flucht. Jeder 74. Mensch auf dieser Erde war damit aufgrund von Krieg, Gewalt, Verfolgung oder Unterdrückung gezwungen, das eigene Zuhause zu verlassen.
Die meisten Menschen auf der Flucht sind Binnenvertriebene, das heißt, sie fliehen innerhalb ihres Landes in andere Regionen. Ende 2022 waren das 62,5 Millionen Menschen.
45,9 Millionen Menschen – etwa 0,57 Prozent der Weltbevölkerung – mussten ihr Heimatland verlassen, um in anderen Staaten Schutz zu finden.
2. Wohin fliehen die meisten Menschen?
Insgesamt bleiben 70 Prozent der Geflüchteten, die ihr Heimatland verlassen müssen, nach ihrer Flucht in der Region: Sie leben in Nachbarstaaten, vor allem im Globalen Süden.
Von den 6,5 Millionen Menschen, die vor dem Krieg aus Syrien geflohen sind, leben 77 Prozent in der Türkei, dem Libanon und Jordanien. 90 Prozent der 5,7 Millionen afghanischen Schutzsuchenden leben im Iran und in Pakistan. Fast alle der knapp 2,3 Millionen Menschen, die aus dem Südsudan fliehen mussten, wurden in den Nachbarstaaten wie Uganda, Sudan und Äthiopien aufgenommen. Und die allermeisten der etwa 5,7 Millionen Geflüchteten aus der Ukraine finden in europäischen Nachbarstaaten Aufnahme.
3. Wo leben die meisten Geflüchteten?
Bezogen auf die Bevölkerungsgröße des Landes haben – nach den kleinen Karibikinseln Aruba und Curaçao – der Libanon und Jordanien die meisten Geflüchteten aufgenommen. In absoluten Zahlen finden die meisten Geflüchteten Aufnahme in folgenden Ländern:
Türkei mit 3,6 Millionen Schutzsuchenden, vor allem aus Syrien
Iran mit 3,4 Millionen Schutzsuchenden, vor allem aus Afghanistan
Kolumbien mit 2,5 Millionen Schutzsuchenden, vor allem aus Venezuela
Deutschland mit 2,1 Millionen Schutzsuchenden aus Syrien, Afghanistan und anderen Ländern
Pakistan mit 1,7 Millionen Schutzsuchenden, vor allem aus Afghanistsan
Uganda mit 1,5 Millionen Schutzsuchenden, vor allem aus dem Südsudan
4. Wie viele Menschen sterben auf der Flucht über das Mittelmeer?
Der Weg nach Europa ist die tödlichste Fluchtroute der Welt. Das Mittelmeer ist inzwischen ein riesiger Friedhof. In den vergangenen zehn Jahren sind hier mindestens 27.629 Menschen auf der Flucht gestorben oder gelten als vermisst. Allein im ersten Halbjahr 2023 starben mindestens 1.871 Menschen auf ihrer Flucht im Mittelmeer. Die Dunkelziffer liegt noch deutlich darüber, weil nicht alle untergegangen Boote erfasst werden können.
Die Zahlen stammen von der International Organization for Migration (IOM), einer zwischenstaatlichen Organisation der Vereinten Nationen (Stand: Juni 2023). Mit ihrem Missing Migrants Project dokumentiert IOM seit 2014 die toten und vermissten Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer.
5. Wie viele Geflüchtete kommen nach Europa?
In der EU wurden im Jahr 2022 etwa 966.000 Asylanträge gestellt (Erst- und Folgeanträge). Die meisten der Schutzsuchenden kamen aus Syrien, Afghanistan, der Türkei und Venezuela.
Darüber hinaus hat die EU etwa fünf Millionen Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen, die unmittelbar einen Schutzstatus erhalten.
6. Wie viele Geflüchtete kommen nach Deutschland?
Wie viele Geflüchtete in Deutschland Schutz suchen, schwankt von Jahr zu Jahr und hängt immer auch von weltweiten Krisen und den möglichen Fluchtwegen ab.
Im Jahr 2022 stellten 217.774 Menschen erstmals einen Asylantrag in Deutschland. Das waren mehr Anträge als in den Jahren der Pandemie, in denen aufgrund geschlossener Grenzen Fluchtwege vielfach versperrt waren. Deutlich höher lagen die Zahlen in den Jahren 2015 und 2016, als 441.899 bzw. 722.370 Menschen erstmals einen Asylantrag gestellt hatten. Dagegen hatten in den Jahren 2018 und 2019 161.931 bzw. 142.509 Menschen erstmals einen Asylantrag gestellt.
Beachtet werden muss bei den Zahlen, dass hier auch in Deutschland geborene Kinder mitgezählt werden, wenn ein Asylerstantrag gestellt wurde bzw. gestellt werden musste. Damit taucht beispielsweise auch ein in Deutschland geborenes Kind syrischer Eltern, die seit vielen Jahren mit einem festen Aufenthaltstitel hier leben, in der Statistik auf. Insgesamt wurden im Jahr 2022 24.791 Anträge – das sind 11,4 Prozent aller Asylerstanträge – für in Deutschland geborene Kinder gestellt.
Die meisten Asylerstanträge wurden in Deutschland im Jahr 2022 von Schutzsuchenden aus Syrien (32,6% aller Anträge), Afghanistan (16,7%) und der Türkei (11%) gestellt.
Hinzu kommen seit Ende Februar 2022 Schutzsuchende aus der Ukraine. Sie erhalten einen Schutzstatus, ohne einen Asylantrag stellen zu müssen. Dieser sogenannte „vorübergehende Schutz“ gilt zunächst für ein Jahr und kann mehrmals verlängert werden. Insgesamt sind in Deutschland rund eine Million Geflüchtete aus der Ukraine registriert (Stand: Juni 2023). Die tatsächliche Zahl der Ukrainer*innen, die in Deutschland Schutz gefunden haben, dürfte allerdings niedriger sein. Denn Schutzsuchende aus der Ukraine können ohne Visum in die EU einreisen. Das gibt ihnen, soweit es der Krieg zulässt, die Möglichkeit in die Ukraine zurückzukehren und gegebenenfalls später erneut aus dem Land in die EU zu kommen. Außerdem dürfen sie ohne Visum in andere Staaten des Schengen-Raums weiterreisen.
7. Wie viele Geflüchtete leben in Brandenburg?
Die Zuweisung von Asylsuchenden erfolgt bundesweit nach dem Königsteiner Schlüssel, der in zahlreichen Abkommen, Vereinbarungen und Finanzierungsfragen zwischen den Bundesländern angewendet wird und auf den Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl basiert. Nach dem Königsteiner Schlüssel ist Brandenburg für etwa 3 Prozent der in Deutschland aufgenommenen Asylsuchenden zuständig.
Im gesamten Jahr 2022 wurden in Brandenburg 4.936 Asylerstanträge gestellt. Hinzu kommen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Insgesamt leben laut Sozialministerium rund 60.300 Geflüchtete in Brandenburg (Stand: 31. März 2023).
8. Wie viele Geflüchtete dürfen bleiben?
Im Jahr 2022 kamen 80 Prozent aller Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, aus der Ukraine. Sie erhalten eine Aufenthaltserlaubnis.
Die übrigen Geflüchteten müssen ein Asylantrag stellen. Ihre Schutzquote ist dabei sehr hoch. Im Jahr 2022 wie auch in den ersten vier Monaten 2023 beschied das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bei über 72 Prozent der inhaltlichen Entscheidungen auf einen Schutzstatus für die Asylantragsteller*innen.
Hierbei sind Gerichtsurteile, die nach einer ersten Ablehnung durch das BAMF den klagenden Geflüchteten doch einen Schutzstatus zusprechen, noch nicht eingerechnet.
9. Müssen alle Menschen nach einem abgelehnten Asylantrag das Land verlassen?
Selbst wenn der Asylantrag abgelehnt wurde, gibt es für die Betroffenen weitere Möglichkeiten, ein Bleiberecht zu erhalten, zum Beispiel über Familienangehörige mit einem Aufenthaltsrecht, über Bildung oder durch Arbeit. Die Regelungen hierfür sind mitunter sehr kompliziert.
Eine Abschiebung oder eine freiwillige Ausreise kann in anderen Fällen aus gesundheitlichen Gründen unmöglich sein. Mitunter sind auch Passfragen ein Problem, wenn zum Beispiel kein gültiger Reisepass mehr vorhanden ist und die Behörden des Herkunftslandes erklären, die Person sei kein*e Staatsbürger*in und könne daher keine Papiere erhalten.
10. Wie viele Menschen werden abgeschoben?
Abgeschoben werden aus Deutschland nicht nur Menschen nach einem negativen Asylverfahren. Von einer Abschiebung betroffen können zum Beispiel auch Personen sein, deren Visum abgelaufen ist.
Im Jahr 2022 wurden laut Bundesregierung insgesamt 12.945 Menschen aus Deutschland abgeschoben. Darunter waren 2.196 Kinder und Jugendliche.
Die meisten Abschiebungen erfolgten nach Georgien (908 Menschen), Albanien (846 Menschen) und Nordmazedonien (807 Menschen).
Quellen
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): Das Bundesamt in Zahlen 2022. Asyl, herausgegeben am 20. April 2023. [Für die Zahlen zu den Asylanträgen in Deutschland.]
IOM: Missing Migrants Project. Region Mediterranean. [Für die Zahl der toten und vermissten Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer.]
Mediendienst Integration: Flüchtlinge aus der Ukraine. [Für die Situation von Schutzsuchenden aus der Ukraine.]
Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MSGIV): Zuwanderung und Integration. [Für die Zahlen zu den Geflüchteten in Brandenburg.]
UNHCR: Global Trends. Forced Displacement in 2022. [Für die Zahlen zu den Menschen auf der Flucht weltweit.]
(Stand: Juli 2023)