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Das Neutralitätsgebot
Beim 53. Plenum des Aktionsbündnisses Brandenburg hielt Friedhelm Hufen am 6. April in Potsdam einen Vortrag zum Thema „Das Neutralitätsgebot – ein rechtlicher Maulkorb für die politische Bildung?“
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Beim 53. Plenum des Aktionsbündnisses Brandenburg hielt Friedhelm Hufen am 6. April in Potsdam einen Vortrag zum Thema „Das Neutralitätsgebot – ein rechtlicher Maulkorb für die politische Bildung?“
Friedhelm Hufen ist Staatsrechtler und Professor an der Johannes Gutenberg Universität Mainz sowie ehemaliges Mitglied des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz. Begleitend zu seinem Vortrag stellte er dem Publikum ein Papier mit 15 Thesen zur Verfügung. Hier finden Sie den Audio-Mitschnitt zum Nachhören, im Folgenden das Transkript des Vortrages – es gilt jedoch das gesprochene Wort des Mitschnitts.
Das Neutralitätsgebot – ein rechtlicher Maulkorb für die politische Bildung?
Meine Damen und Herren,
ich freue mich, hier zu sein. Ich habe am Anfang ein bisschen mitgehört und ich muss ich sagen, ich bin immer wieder fasziniert und auch sehr beeindruckt, die praktische Demokratie und dieses Engagement hier vor Ort zu erleben. Ich bitte Sie, mich nicht misszuverstehen, wenn ich sage: „Neutralitätsgebot – ein Maulkorb für die politische Bildung“. Ich will Ihnen hier keinen Maulkorb verpassen oder Spielverderber sein. Ganz im Gegenteil, mir geht es darum, in einem äußerst heiklen politischen Umfeld (…) die Offenheit politischer Prozesse zu wahren, aber auch auf die Fallen hinzuweisen, die da drohen, wenn man sich nicht an die verfassungsrechtlichen und rechtsprechungsmäßigen Vorgaben hält. (…)
Die Situation ist, wie gesagt, heikel. Als ich vor fast einem Jahr in Hessen zum ersten Mal dieses Thema berührte, wusste ich noch nicht, dass es als Teil meiner Arbeit das ganze Jahr bestimmen würde. Ich bin inzwischen in neun oder zehn Bundesländern unterwegs gewesen, von Bayern bis Niedersachsen und auch schon in Sachsen – Dresden, kurz vor Weihnachten –, um dieses Thema hervorzuheben: radikale politische Parteien, aber auch gesellschaftliche Polarisierung, Informationen, Fehl-Informationen im Internet. Das ist ein sehr heikles Thema, und es wird versucht, das Neutralitätsgebot in der Tat als eine Art Maulkorb oder als eine Stilllegungsmethode verfassungsrechtlicher Art von interessierter Seite in Stellung zu bringen. Deswegen ist es sehr wichtig, hier genau juristisch zu arbeiten.
Juristen heben ja immer die Problematik vom Abstrakten ins Konkrete. Die deswegen entstehenden Probleme sind dann nicht abstrakt, sondern im konkreten Einzelfall zu lösen. Maßstäbe werden durch die Rechtsprechung erst nach und nach entwickelt. Sie sind im Fluss. Ich habe mit großer Beruhigung gesehen: Während vor zwei oder drei Jahren im Hinblick auf Äußerungen von Ministern, von Bundesministern und auch des Bundespräsidenten – der Bundespräsident Gauck war da ein Beispiel – der Zweck der Neutralität sehr stark in den Mittelpunkt gerückt wurde, geht jetzt die Rechtsprechung mehr und mehr dazu über, ein Gebot der sachlichen Auseinandersetzung – das ist was ganz anderes als Neutralität – ins Spiel zu bringen.
Drei Punkte habe ich. Es geht zum einen um die Öffentlichkeitsarbeit staatlicher und kommunaler Träger. (…) Dann die Warnung vor konkreten Veranstaltungen einschließlich Gegendemos – da muss man ein bisschen was zu sagen. In diesem Zusammenhang werde ich dann auch etwas über die Nutzung öffentlicher Einrichtungen sagen müssen. Das ist ein altes Feld, Stichwort: Stadthallen für NPD-Veranstaltungen. Da muss ich ein bisschen was zu sagen, vor allem mit Schwerpunkt auf die Unterstützung privater Öffentlichkeitsarbeit.
Als ich mich das erste Mal mit dem Thema beschäftigte, war es eine Initiative aus Hessen, die eine Broschüre herausgab, ganz ähnlich wie Ihre Broschüre, über die AfD als politische Partei. Das hessische Ministerium, das zuständige Ministerium, hatte den Druckkostenzuschuss verweigert. Und nicht nur das, sondern auch sofort einen Erlass verfügt, nach dem die Finanzierung von derartigen Dingen nicht gestattet ist, wenn darin politische Parteien vorkommen. Da war die Schere im Kopf schon sehr deutlich. Schere im Kopf heißt hier in dem Fall, nicht die der Betroffenen selbst, sondern die der Ministerien. Man ist sehr vorsichtig in allen Auseinandersetzungen, Juristen sind vorsichtige Menschen, vor allem Verwaltungsjuristen in den Ministerien sind vorsichtige Menschen. Deswegen kommt es hier drauf an, sehr deutlich die rechtlichen Grenzen, aber auch die Möglichkeiten zu nennen.
(…) Verfassungsrechtliche Schranken ergeben sich in unserem Bereich weniger aus einem allgemeinen Neutralitätsgebot – das Bundesverfassungsgericht nennt das immer Neutralitätsgebot, das hat eine alte Geschichte, auf die ich jetzt hier nicht eingehen kann –, sondern aus konkreten Grundrechten Dritter und auch aus den Rechten der politischen Parteien. Vor allen Dingen: Der verfassungsrechtliche Zentralpunkt ist nicht etwa ein abstraktes Neutralitätsgebot. Bildungsarbeit, politische Arbeit ist nie neutral, Erziehung ist nicht neutral. Um Gottes Willen, wo kämen wir hin?
(…) Wir haben Erziehungsziele im Grunde genommen im Grundgesetz – Toleranz, Rassengleichheit, Geschlechtergleichheit und so weiter. Deswegen: Wer irgendwie mit Bildung befasst ist, mit Öffentlichkeitsarbeit befasst ist, ist nie in dem Sinne neutral, dass er wertneutral ist. Ich glaube, man würde einem brutalen Technokratie- und Oberflächlichkeitsstaat das Wort reden, wenn man sagt, alle politische Bildung müsste neutral sein. Dann wäre es keine politische Bildung. Man hat für Werte einzutreten, und das sind vor allen Dingen die Werte des Grundgesetzes. Diese Arbeit unterliegt allerdings Schranken: im Persönlichkeitsrecht, aber auch in den Rechten von Verbänden, von Parteien.
Es gibt auch einige Urteile zu Religionsgemeinschaften. Eines der ersten Urteile des Bundesverfassungsgerichts ging über eine fernöstliche Religionsgemeinschaft. Das war die Osho-Bewegung damals, da hat das Bundesverfassungsgericht zu einer Religionsgemeinschaft Stellung nehmen müssen, da war also die Religionsfreiheit als Grundrecht betroffen. Ganz kurz zum Verständnis: Das Bundesverfassungsgericht hat in den 1970er Jahren schon eine merkwürdige Entscheidung getroffen, die seitdem die gesamte Rechtsprechung, das ganze Verständnis von Juristen in diesem Bereich tangiert und beeinflusst. Die Trennung von Amt und Institution einerseits und Politik andererseits. Da ging es nämlich darum: Was darf eine Regierung an Öffentlichkeitsarbeit im Wahlkampf leisten? Und da hat es geheißen: Wenn diese Regierung staatliche Mittel in Anspruch nimmt – also alles was Ministerium ist, was Öffentlichkeitsarbeit ist und so weiter – dann wird sie für den Staat tätig. Sie darf sich damit nicht in die Niederungen der Politik begeben und die Chancengleichheit der Parteien beeinträchtigen.
Ich weiß noch genau, ich war damals Assistent in Hannover, dass ein sehr bekannter SPD-Politiker einen Wutanfall gekriegt und gesagt hat: Das ist ein unglaubliches Verständnis von Politik! Da ist der Staat auf der einen Seite, der alte preußische Staat als erratischer Block, der besteht aus Beamten, aus Institutionen und Öffentlichkeitsarbeit, aus öffentlichen Mitteln – und die Politik ist außen vor. Das ist ein Staatsverständnis, an dem die Weimarer Republik schon schwer geknastert hat. Diese Bedingungen tauchen immer wieder auf, also auch hier die Neutralität der politischen Träger einerseits, die private Meinungsfreiheit andererseits. Der Bundespräsident darf als Privatmann diese Meinung äußern, aber als Herr Bundespräsident, auf seinem Briefbogen, das unterliegt bestimmten Grenzen. Das ist sehr schwer einzuhalten. Ich will das jetzt nicht weiter kritisieren, ich will Ihnen das nur als gedanklichen Hintergrund dieser ganzen Rechtsprechung verdeutlichen.
In dieser Trennung von öffentlichen Trägern, Institutionen und privaten Trägern liegt aber gerade für Sie – wenn Sie privaten Trägern angehören – natürlich noch eine gewisse Chance. Zu diesem Aspekt gehört meine These 3: Der Staat und andere öffentliche Träger, auch die Gemeinden nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, können sich bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit nicht auf Grundrechte berufen. Sie sind vielmehr an die Grundrechte Dritter und auch an die Rechte politischer Parteien gebunden. Sie sind auch, und das spielt vor allen Dingen im kommunalen Bereich eine große Rolle, an die Kompetenzen gebunden. Öffentliche Träger dürfen nur öffentliche Aufgaben wahrnehmen, soweit sie nicht hoheitlich tätig werden. (…)
Die Mehrheitsmeinung, die Meinung des Bundesverfassungsgerichts, steht eben hinter dieser grundsätzlichen Trennung und auch hinter dem strikten Aufgabenbezug: Oberbürgermeister dürfen sich nicht bundespolitisch in ihrer amtlichen Funktion äußern, sie dürfen nicht über ihre Stränge hinausgehen. Eines der Urteile, das ich Ihnen abgezogen habe, geht darum, dass ein Oberbürgermeister, ich glaube im Hessischen, zu einer Demonstration im Thüringischen aufgerufen hat. Das ging also über seinen Bereich hinaus, und da hat das Bundesverwaltungsgericht gesagt, das geht nicht.
Jetzt etwas sehr Wichtiges, die These 4: Die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit des Staates und auch anderer öffentlicher Institutionen – und jetzt sage ich ganz deutlich: ohne Nennung und Angriff auf Personen und Organisationen, also allgemein Erziehungsarbeit – ist niemals grundrechtseingriffig. Das ist eine allgemeine Tätigkeit, zu der die Städte, Kommunen, Länder, Institutionen ermächtigt sind. Sie greifen insoweit nicht in die Grundrechte ein. Das ist in allen Bereichen im Übrigen so. Das gilt bei lebensmittelrechtlichen Warnungen, der allgemeinen Verbraucherpolitik, auch wenn sie manchen Lebensmittelherstellern nicht passt – die allgemeine Verbraucherinformation ist niemals grundrechtseingriffig, die Lebensmittelindustrie ist hier allgemein, es geht nicht um die Rechte von konklreten Personen, Parteien und so weiter. Hier gilt also auch nicht das Neutralitätsgebot, Sie brauchen auch keine gesetzliche Grundlage. Es gelten natürlich die allgemeinen Gebote der Sachlichkeit, Tatsachenbezug, Kompetenzen und so weiter.
Aber jetzt kommt eine wichtige Differenzierung: Anders kann es sich verhalten, These 5, wenn gezielt und unter Nennung von Namen auf führende Persönlichkeiten einer Partei oder die Partei als solche eingegangen wird und wenn damit die Chancen der Partei auf Beteiligung an der politischen Willensbildung beeinträchtigt wird. Das ist der zentrale Grundsatz, der hinter diesen ganzen Urteilen steckt, die ich Ihnen verteilt habe. Das gilt nicht nur, aber besonders im Vorfeld von Wahlen. Also allgemeine Öffentlichkeitsarbeit, Erziehungsarbeit, Bildungsarbeit ist erlaubt, vor allen Dingen dann, wenn sie mit den Verfassungszielen in Einklang steht. Allgemeine Öffentlichkeitsarbeit ist neutral im besten Sinne, auch grundrechtlich neutral. Wenn aber konkrete Gruppen, Parteien, Religionsgemeinschaften, Einzelpersonen genannt werden, kritisch genannt werden, dann gelten besondere Grenzen. Und besondere Grenzen gelten zumal im Wahlkampf, dann kommt ein zentraler Grundsatz dieser Demokratie zum Ausdruck.
Öffentlichkeit ist sonst sehr erwünscht, aber das Bundesverfassungsgericht versteht überhaupt keinen Spaß, wenn es um Gleichheit von Parteien geht. Im Wahlkampf. Sobald auf die politische Willensbildung des Volkes direkt eingewirkt wird, hat Chancengleichheit zu herrschen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Und da haben sich zumindest öffentliche Träger – wir sind ja noch bei den öffentlichen Trägern – zurück zu halten.
Beim direkten Eingriff in die Rechte der Parteien, in die Chancengleichheit, reicht jetzt der allgemeine staatliche Auftrag zur Öffentlichkeitsarbeit und auch der Grundsatz der streitbaren Demokratie als solche nicht aus. Da kommen wir jetzt auf Verfassungsziele, die Sie verwirklichen müssen. Ich habe es selbst nachgelesen: Der Artikel 7a, der ist ja wirklich fast singulär, den habe ich in keinem anderen Bundesland in dieser Form gefunden, der ist wunderbar, gegen Rassen- und Fremdenfeindlichkeit. Das ist ein sehr gutes Verfassungsziel, das auch in gewisser Weise eine Legitimationsbasis für die Erziehungsarbeit ist. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Es fehlt die gesetzliche Grundlage, wenn es um Eingriffe in die Rechte Dritter geht, also wenn Sie mit diesem Artikel gegen politische Parteien zu Felde ziehen, dann wird es wieder sehr schwierig. Bei Einzeleingriffen sind Sie wieder an andere Gebote gebunden.
Und auch die Verfassungsziele als solche reichen hier nicht aus. (…) Ich habe auch den Artikel 2 gelesen: Zusammenwirken mit anderen Völkern. Hier steht was von der Zusammenarbeit mit den polnischen Nachbarn, dann haben Sie den Bezug zu den europäischen Menschenrechten und zum Völkerrecht, da ist die europäische Flüchtlingskonvention mit dabei als Ziel, auf die Sie sich beziehen können. Sie haben den Gleichheitssatz, Sie haben in Artikel 28 wunderbare Erziehungsziele für die Schule, das können Sie auf die übrige Bildungspolitik und Ausbildung übertragen. Ich rate auch dazu: Gucken Sie mal in Ihr Schulgesetz, da steht viel über die Erziehung von Kindern und über Offenheit und Toleranz, das sind sehr wichtige Ziele. Sie sind verfassungsrechtlich also nicht alleine in diesem Bereich. Und der Kampf gegen Rassismus, Homophobie, Islamfeindlichkeit und Europafeindlichkeit bleibt demnach möglich, auch wenn diese Ziele durch eine nicht verbotene politische Partei vertreten werden.
Also jeder Versuch – ich nenne es jetzt mal ganz konkret – etwa der AfD oder einer anderen radikalen Partei, zu sagen: Ihr verstoßt schon dann gegen das Neutralitätsgebot, wenn ihr gegen Rassismus, Homophobie und so weiter eure Ziele verfolgt, der ist zum Scheitern verurteilt, auch wenn diese Partei solche Ziele haben sollte. Ganz im Gegenteil: Wenn sie sich damit identifizieren, sind sie sozusagen selber schuld. Das ist ja nur ein Beweis, dass sie sich hier getroffen fühlen. Nein, der Kampf gegen Rassismus, gegen Homophobie – ich sage es nochmal – und sonstige Ziele bleibt für politische Arbeit, Bildungsarbeit immer möglich. Auch wenn solche Ziele von einer bestimmten Partei vertreten werden. Das gilt auch für andere Radikalismen. Hätten wir eine religionsfanatische Scharia-Partei in Deutschland, dann würde das natürlich selbstverständlich ganz genauso gelten.
Wenn aber der Staat tätig wird, ist in jedem Fall der direkte Eingriff in die Chancengleichheit der Parteien – verbal durch negative oder positive Wahlempfehlungen – ausgeschlossen. Das dürfen öffentliche Träger und Oberbürgermeister nicht. Das war ein schönes Beispiel heute in der Diskussion, ich habe es mir extra notiert. Die kluge Bürgermeisterin, wie schlau beraten war sie doch: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich´s sein.“ Das hat sie bei einer AfD-Parteiveranstaltung an den Stadtturm oder wo auch immer gehängt. Das geht! Das ist ein allgemeines Ziel. Da muss sich die AfD nicht mit identifizieren, sollte sie sich auch nicht mit identifizieren – aber das ist allgemein.
Der Spruch eines rheinland-pfälzischen Bürgermeisters bei einer NPD-Veranstaltung damals: „Ihr seid hier nicht willkommen“ – das ist was anderes. Das ist nicht inhaltlich abstrakt, er bezieht sich ganz konkret. Da sieht jeder Betrachter sofort, das ist der Wahlparteitag dieser Partei, das ist ein Eingriff in die konkrete Chancengleichheit. Da muss man sehr genau differenzieren und gegebenenfalls auch abstrahieren. Je konkreter es wird, desto gefährlicher ist es. Und je näher die Wahlen sind, desto noch mal mehr gefährlicher ist es. Das muss man sich einfach vor Augen führen. Jedenfalls im öffentlichen Bereich.
Ein sehr heikler Bereich ist die Warnung vor Veranstaltungen, weil Sie hier den Bereich der Versammlungsfreiheit haben. (…) Also der Bürgermeister – jetzt sind wir noch im öffentlichen Bereich –, der vor Demonstrationen warnt, der ist natürlich auch zuständig für ein mögliches Verbot. Und dann ist das ja immer so: Die Stadt verbietet eine Demonstration und dann kommt eine gerichtliche Verfügung, die sie doch erlaubt, und dann geht der Bürgermeister dazu über, weil er ja verloren hat, vor dieser Veranstaltung wenigstens ordentlich zu warnen und die Bürger zu Gegendemonstrationen aufzufordern: Unsere Stadt soll sauber bleiben. Das geht alles nicht. Das sage ich Ihnen ganz offen. Das ist alles riskant, das ist nicht nur allgemeine politische Auseinandersetzung, das ist konkrete Warnung, das ist Eingriff in die Rechte der Partei, und das ist auch Einsatz von öffentlichen Mitteln für Verstöße gegen die öffentliche Willensbildung. Das kann man machen, das kann man riskieren, das ist natürlich politische Auseinandersetzung, aber die Verwaltungsgerichte und gegebenenfalls auch die Zivilgerichte sind da sehr strikt, denn es ist ein rechtfertigungsbedürftiger Grundrechtseingriff.
Zwischenfrage. Dürfen die Ordnungsbehörden solche Verwarnungen aussprechen? Die Polizei?
Ordnungsbehörden natürlich nicht. Die sind ans Versammlungsgesetz gebunden. (…) Die dürfen natürlich Warnungen vor strafbaren Handlungen aussprechen. Die berühmten Warnmitteilungen. Oder die Gefährderansprachen, wie die Juristen sagen. (…) Da ist die Rechtsprechung wirklich ganz streng. Das Bundesverfassungsgericht sagt: Nur wenn die konkrete Gefahr einer Straftat droht, nachweisbar Volksverhetzung droht, darf verboten werden. Und nur wenn verboten werden darf, darf auch auf anderer Weise auf die Versammlung eingewirkt werden. Ich will jetzt nicht zu tief ins Versammlungsrecht hinein gehen. Aber das ist ein ganz wichtiger Hinweis für die Organisationen hier in diesem Bereich. Man muss auch beachten, so zähneknirschend man das manchmal sieht, das Bundesverfassungsgericht handelt ganz strickt nach der Reihenfolge der Anmeldungen einer Demonstration. Die erste Demonstration, was immer ihr Inhalt ist, geht vor. Die Gegendemonstration hat sich danach zu richten, muss getrennt werden und so weiter. Das Versammlungsrecht kennen Sie, wenn Sie da jemals tätig gewesen sind. (…)
Ich weiß, dass das Versammlungsrecht etwas besonderes Heikles ist. Es gibt eine ganze Broschüre dazu, stimmt auch im Wesentlichen verfassungsrechtlich, kann ich Sie beruhigen, können Sie da nachlesen.
Noch ein weiteres Thema, das öffentliche Einrichtungen berührt. Paragraf 5 Parteiengesetz stattet alle nicht verbotenen Parteien mit einem Anspruch auf Nutzung öffentlicher Einrichtungen aus, soweit die Kapazität ausreicht und soweit die entsprechenden Räume für entsprechende Veranstaltungen gewidmet wurden.
Es gab im Bayerischen mal einen Fall, da haben Konzerte und Versammlungen im Hallenbad stattgefunden. Das Hallenbad war der einzige große Raum, schöne Akustik, wunderbare Atmosphäre, man fiel gelegentlich mal was ins Wasser, aber auch Streichquartette durften da spielen. Aber eben auch politische Versammlungen. Da hat der Bürgermeister plötzlich gesagt: Nein, wenn die NPD kommt, ist es wieder ein ganz normales Hallenbad. Geht nicht, das ist eine öffentliche Einrichtung, die ist entsprechend umgewidmet. (…) In der Praxis spielt das natürlich eine enorme Rolle. Das spielt auch für die Öffentlichkeitsarbeit im Blättchen der Gemeinde eine Rolle.
Ich habe heute morgen gesagt, das ist ja wunderbar, wenn hier eine private Veranstaltung stattfindet, selbstverständlich müssen Sie nicht alle Parteien einladen. Wäre dies eine städtische Veranstaltung, dann wäre es schon schwierig, eine Partei auszuschließen, das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Dann ist diese Veranstaltung eine öffentlich Einrichtung, eine Kommunikationsform. Da wird es sehr schwer, das zu begründen. Außer wenn Sie einen konkreten Anhaltspunkte dafür haben, dass Volksverhetzung oder Ähnliches droht. Das sind heikle Felder. Ich wollte das hier nur andeuten.
Denn jetzt muss ich endlich zur politischen Öffentlichkeitsarbeit von Privaten kommen, die durch öffentliche Mittel unterstützt sind. Da gibt es nun auch die meisten Missverständnisse. Ein Missverständnis spielt bei Stadtkämmerern, bei Finanzministern und bei den Ministerien im Allgemeinen eine Rolle. Das Missverständnis lautet: Wenn wir Geld geben, dann sind wir dafür verantwortlich, was die Empfänger damit machen. Stimmt teilweise. Das ist in These 10. Bei der Unterstützung von Öffentlichkeitsarbeit Dritter kann der Staat nicht einfach sagen: Ich lege meine Hände in Unschuld, was die damit machen, ist uns völlig egal.
Als öffentlicher Träger ist der Staat auch grundrechtsgebunden. Er hat also eine gewisse Rahmenverantwortung. Aber er ist nicht in gleicher Weise gebunden, als wenn er es selbst veranstalten würden. Denn These 11: Die privaten Empfänger staatlicher Subventionen sind und bleiben Grundrechtsträger, nicht Grundrechtsadressaten. Ihre Äußerungen werden durch die Finanzierung nicht etwa zu hoheitlichen Maßnahmen. Mir hat mal ein hessischer Verwaltungsbeamter gesagt: Ja, wenn ich da Geld gebe für eine Veröffentlichung, dann sind die ja sozusagen zur Behörde geworden, dann sind die, wie der Jurist sagt, Beliehene. Dann machen die etwas, was ich als Öffentlichkeitsarbeit auch selber machen könnte. Weit gefehlt!
Wenn ich Geld für etwas gebe, wenn der Staat Geld für mich als Hochschullehrer an eine Universität gibt, habe ich trotzdem meine Wissenschaftsfreiheit. Auch wenn ich vom Staat bezahlt werde. Das ist ganz selbstverständlich, und das gilt auch in diesem Bereich. Einschlägige Grundrechte der Träger wie Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Kunstfreiheit. In Marburg wurde das Ganze von der Universität organisiert, da war natürlich auch die Wissenschaftsfreiheit in gewissem Umfang einschlägig, sie schützt Sie vor einer überzogenen staatlichen Einflussnahme. Auch, wenn das Geld vom Staat kommt. Da muss man sehr drauf aufpassen. Die Kontrolle kann insofern nur Rechts- und keine Inhaltskontrolle sein.
Wenn ich das richtig sehe, haben wir hier im Land ja eine sehr initiativenfreundliche Politik. Der Finanzmensch, der Ihnen Geld übermittelt oder die Stadt oder auch das Land oder das Ministerium – da bleiben die Grundrechte erhalten, die Kontrolle könnte nur Rechtskontrolle sein. Also hält die Initiative die Chancengleichheit ein. Wäre es Inhaltskontrolle, würde Ihnen in Ihre Grundrechte als private Initiative eingegriffen.
These 12 ist wieder parallel zu dem, was ich vorher schon gesagt habe: Allgemeine Öffentlichkeits- und allgemeine Bildungsarbeit stellen keinen Grundrechtseingriff und keinen Eingriff in die Rechte Dritter dar und sind daher grundrechtlich unbedenklich. Sie brauchen für Ihre Arbeit – vor allen Dingen, wenn Sie so verfassungskonform ist und Verfassungszielen folgt, wie ich das mit Hinweis auf Artikel 7a gezeigt habe – keine gesonderte Rechtfertigung. Allgemeine Informationen gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, religiösen Fanatismus, auch Homophobie und so weiter, dürfen in der Erziehungsarbeit, in der Bildungsarbeit eine Rolle spielen. Auch, wenn solche Dinge zu den Zielen und Programmen von Parteien und anderen Gruppen gehören sollten.
Auch konkrete Auseinandersetzungen, tatbestandsrechtliche Ungleichbehandlungen, können verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Allgemeine Legitimationsgrundlagen sind hier die Grundrechte und Grundwerte der Verfassung, Jugendschutz und die Gleichheit spielen hier auch eine gewisse Rolle. Wichtig ist: Gleichheit bedeutet nicht schematische Gleichbehandlung von allen, sondern, wie das Bundesverfassungsgericht sagt, sogar ein Verbot der Gleichbehandlung von ungleichen Faktoren. Es heißt immer wieder: Ihr müsst alle Parteien strikt gleich behandeln. Aber wenn es um Rassismus geht, sind eben nicht alle Parteien gleich. Gleiche Ausgangsposition. Die formale Gleichheit steht dann der informalen, der materiellen Gleichheit gegenüber.
Jetzt aber konkret: Was ist erlaubt? Nach der Rechtsprechung ist nicht alles abgeschlossen. Da laufen Prozesse, da wird auch vieles behauptet. Es gibt ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes dazu. Das ist bis jetzt alles.
Ansonsten hat sich das Bundesverwaltungsgericht bisher nur zu Ministern geäußert. Daraus lässt sich natürlich einiges von ableiten. Aber ich denke mal, wir kommen ein bisschen weg von der Äquidistanz, die da immer heißt: Neutralität. Und damit einer Strangulierung der politischen Auseinandersetzung. Die Gerichte begreifen langsam, dass die demokratische Auseinandersetzung das Kernelement dieser Demokratie ist und dass man mit Neutralitätsgeboten und Ähnlichem diese Diskussion auch abwürgen und zu sehr eingrenzen kann. Die Gerichte kommen immer mehr dazu, ein Sachlichkeitsgebot zu fordern. Das finde ich gerade in der aufgehetzten und aufgepeitschten Atmosphäre einen ganz wichtiger Satz: Die Auseinandersetzung muss sachlich laufen.
Wenn Sie von der Öffentlichkeit finanziert werden, dann gilt dieses Sachlichkeitsgebot. Erlaubt sind demnach – und ich habe mir das in der Broschüre angesehen, es ist wirklich fast vorbildlich – zutreffende Zitate aus Parteiprogrammen. Es ist nicht verboten, Parteien zu nennen. Aber wenn ich mich mit ihnen auseinandersetze, dann muss ich zutreffend zitieren, dann darf ich nicht aus dem Zusammenhang herausreißen. Aussagen führender Mitglieder darf ich nennen. Man darf den Nachweis von Fake News erbringen, man darf den Umgang mit Echokammern, mit Medien und so weiter üben, zum Beispiel mit Jugendlichen. Man darf auch wahrheitsgemäße Berichte über Parteiveranstaltungen, Auftritte führender Mitglieder machen. Das ist alles sachlich und richtig, soweit es inhaltlich korrekt ist. Man darf auch Hinweise auf Behördenentscheidungen und Gerichtsurteile nennen, zum Beispiel wegen der Verurteilung und Vorbestrafung wegen Volksverhetzung. Man darf auch aus dem Verfassungsschutzbericht berichten.
Nach einem neueren Urteil darf man aber nicht die Wertung daraus ziehen, dass die AfD nun ein Prüffall für den Verfassungsschutz ist. Das hat das Verwaltungsgericht Köln in etwas filigraner Differenzierung entschieden. Wie ich aus Verfassungsschutzberichten über eine Partei zitieren darf, die Partei dann aber nicht als Prüffall bezeichnen darf… Nun denn, wenn das im Verfassungsschutzbericht drin steht, dann wird auch geprüft, ob sie verfassungsfeindlich ist. Aber da hat die AfD gerade einen kleinen verwaltungsrechtlichen und groß gefeierten Sieg errungen. Den Verfassungsschutzbericht als solches dürfen Sie natürlich zitieren, das ist sachlich.
Was sind sachliche Bewertungen, insbesondere über Verfassungskonformität und Übereinstimmungen oder fehlende Übereinstimmungen zu zentralen Grundsätzen der Verfassung und ethischen Werte? Sie dürfen sagen, die und die Äußerung verstößt aber gegen Artikel 7a unserer Verfassung und verstößt gegen die Bildungsziele. Das dürfen Sie auch vor Lehrern verkünden, damit die entsprechend informiert sind. Was nicht geht: Falsche oder nicht hinreichend recherchierte Tatsachenbehauptungen. Das muss schon Hand und Fuß haben, wenn Sie etwas öffentlich mit öffentlichen Mitteln verkünden. Was auch nicht geht, ist der Eingriff in die Privatsphäre von Politikern.
Umstritten ist im Moment die Auseinandersetzung zwischen dem Zentrum für politische Schönheit und Herrn Höcke, wo die vom Zentrum für politische Schönheit auf die Privatwohnung gezogen sind und auf dem Nachbargrundstück ein Ersatzmahnmal aufgestellt haben. Eine sehr nette Aktion, aber da muss man sagen: Hundert Meter weiter weg wäre sicherer gewesen. Denn selbst ein Herr Höcke hat eine Privatsphäre und eine Familiensphäre. Und auch er wird dadurch in dieser Familiensphäre außerhalb der politischen Situation, außerhalb der politischen Umgebung angegriffen. Auf die hat selbst ein Politiker dieses Grades Anspruch.
Ich habe ein dickes Buch über Kunstfreiheit geschrieben. Das Zentrum für politische Schönheit fällt unter Kunst, das fällt unter Kunstfreiheit, meinetwegen, der Kunstbegriff ist sehr weit. Aber auch da wird der Kunstbegriff eingeschränkt durch die Persönlichkeitsrechte, das sind die sogenannten verfassungsimmanenten Schranken. Die Kunstfreiheit ist im allgemeinen sehr viel weiter zu greifen, sie hat einen größeren Spielraum. Satire, etwa Böhmermann, das geht schon sehr weit. Ich erzähle gerne zur Auflockerung den Fall mit den Frustzwergen: Zwei benachbarte Künstler, der eine Komponist, der viel Musik macht, und der andere Künstler, der immer schöne Zwergenfiguren macht. Die nannte er Frustzwerge, und einer hatte ein entblößtes Hinterteil und einen Stinkefinger, und beides zeigten zufällig auf den Nachbarn. Da hört es auf mit der Kunstfreiheit, denn das war zwar Kunst, aber der Nachbar hatte auch sein Persönlichkeitsrecht. Den Stinkefinger musste er sich nicht gefallen lassen, da gibt es auch für die Kunstfreiheit gewisse Grenzen.
Da bin ich gleich beim nächsten Punkt. Wenn es in die Schmähkritik geht, dann wird der Spaß zu grob sowohl für die Kunst als auch für die Wissenschaft, die Religion, die politische Bildungsarbeit. Da hören Sie auch manchmal im öffentlichen Fernsehen Dinge, die nicht gehen. Böhmermann in dieser Form ging nicht. Warum? Man kann über Erdoğan sagen, was man will. Aber die Vorwürfe, die er ihm gemacht hat, die haben mit Politik nichts zu tun, da fehlt der Bezugspunkt. Und auch eine führende AfD-Politikern als „Nazi-Hure“ zu bezeichnen, das geht zu weit. Oder einen AfD-Arzt als „Mengele von …“ oder als „braune Brut“ und so weiter zu bezeichnen, das sind Dinge, die in die Schmähkritik und an die Würde der Person gehen. Denn auch ein sehr unappetitlicher Politiker hat das Recht auf Würde. Das darf nicht passieren.
Und der letzte heikle Punkt, der auch nicht geht, deshalb sage ich das jetzt nochmal deutlich: Je näher der Wahlkampf rückt und je mehr direkt in die politische Willensbildung eingegriffen wird, auf desto unsichererem Terrain ist jeder öffentlich finanzierte Träger. Das muss man einfach wissen. (…) Wenn öffentliche Mittel eingesetzt werden, um den Wahlkampf zu beeinflussen, dann wird es sehr, sehr schwierig.
Zwischenfrage: Es ist ja bei der Bewertung dieser grenzwertigen Debatten um Schmähkritik auch auf den Bundestag rekurriert worden, auf Herbert Wehner und Zeitgenossen.
Ich kann Sie sehr beruhigen: In der politischen Auseinandersetzung hat das Bundesverfassungsgericht die Schmähkritik auf das Äußerste reduziert. In der politischen Auseinandersetzung gibt es nach der jüngeren Rechtsprechung so gut wie keine Schmähkritik mehr. Die Politiker dürfen sich an die Fahne gehen. Man kann brüllen, man kann den anderen als Idioten bezeichnen, aber die äußerste Grenze ist, wenn keinerlei Bezug mehr zum politischen Thema besteht und der Mensch als solches in den Matsch gezogen wird. Das ist lässt sich an Jan Böhmermann schön deutlich machen.
Ein anderes sehr schönes Beispiel ist die berühmte Papst-Soutane von der Titanic, bei der Papst Benedikt XVI. als undichte Stelle im Vatikan bezeichnet und die Papst-Soutane im Unterleib gelb eingefärbt wurde. Typisches Beispiel für Schmähkritik. Das Gegenbeispiel ist, wenn Sie den Papst mit Kondom über den Finger darstellen, dann hat es einen sachlichen Bezug, denn die katholische Kirche hat etwas mit Sexualmoral zu tun. Beim St. Patrick’s Day in München wurde der Papst in entsprechender Weise dargestellt, da ging es um Homosexualität und so weiter. Da war der sachliche Bezug da. Aber was hat der Kirchenfleck auf der Soutane mit der Politik der katholischen Kirche zu tun? Im politischen Bereich ist er also zurückgenommen auf das Äußerste. Als Nachbar, als Autofahrer seien Sie bitte trotzdem vorsichtig. Da sind Sie nicht im politischen Bereich. Der Stinkefinger an der Ampel ist niemals Politik, auch, wenn er einem Politiker gilt, und da sind dann schnell 2.000 Euro fällig.
Über These 14 habe ich lange überlegt, ob ich die hineinbringen sollte. Die staatlichen Mittelgeber sind natürlich in gewisser Weise aufsichtspflichtig, und sie müssen natürlich die Einhaltung von Rechtsnormen sichern. Das geschieht in der Praxis durch Nebenbestimmungen, Widerrufsklauseln und so weiter. Aber Sie sollen wissen, auch dagegen kann man sich wehren. Ich habe den Hessen damals geraten, bei dieser völlig unbegründeten Weigerung, Zuschüsse zu zahlen, weil nur die AfD erwähnt war, dass man da auch mal gegen eine Nebenbestimmung getrennt klagen kann. Es ist nicht so, dass man die ganze Subvention los ist, wenn man die Nebenbestimmung wegbringt. (…)
Zusammenfassend ist dagegen erstens wichtig sowohl für den Staat als auch für die Kommunen als auch für private Träger, die öffentlich finanziert werden: Allgemeine Erziehungsarbeit, vor allem Arbeit, die Verfassungszielen dient, ist niemals ein Verstoß gegen Chancengleichheit, gegen Grundrechte, gegen Parteienfreiheit und Parteiengleichheit. Allgemeine Öffentlichkeits- und Erziehungsarbeit ist immer geschützt.
Es wird umso heikler, zweitens, wenn eine einzelne Partei, eine einzelne Persönlichkeit oder eine einzelne Gruppe genannt wird. Dann braucht man besondere Gründe und ist an das Gebot der Sachlichkeit gebunden. Ich habe erzählt, was dann noch geht und was nicht geht.
Das heikelste, drittens, ist die unmittelbare Beeinflussung von Wahlen. Da muss man sehr zurückhaltend sein, auch wenn das sehr schwierig ist, zu differenzieren. Aber in dem Bereich versteht die Rechtsprechung, wie gesagt, keinen Spaß.
Ausblick: Wie in anderen Bereichen dürfen Offenheit und Pluralität der politischen Auseinandersetzung nicht durch falsch verstandene Neutralität und starre Gleichheitsvorstellungen gefährdet werden. Die Verfassungsgüter der Gleichheit, Toleranz und so weiter bilden die Grenze, aber auch die Legitimation für staatliche und staatlich geförderte Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit.
Vielen Dank!
In der Ausgabe 2/2018 der Zeitschrift Recht der Jugend und des Bildungswesens (RdJB) erschien zu dem Thema der Aufsatz von Friedhelm Hufen: „Politische Jugendbildung und Neutralitätsgebot“