Zuvor war er in der Bürgerinitiative Pro Zützen aktiv, die sich im Frühjahr 2015 formiert hatte, um gegen die Unterbringung von Geflüchteten in dem zur Gemeinde Golßen gehörenden Dorf Zützen (Dahme-Spreewald) zu protestieren. Der Verein hat rund 60 Mitglieder.
Demonstrationskampagne in Cottbus
Zukunft Heimat ist nach der Dresdner Pegida-Bewegung die mobilisierungsstärkste asylfeindliche Initiative in Deutschland. Von Oktober 2015 bis April 2016 veranstaltete Zukunft Heimat in verschiedenen Klein- und Mittelstädten im Süden Brandenburgs eine Reihe von Demonstrationen, in der Regel beteiligten sich etwa 300 bis 400 Personen. Die Versammlungen, an denen die Alternative für Deutschland (AfD) und verschiedene rechte Gruppierungen mitwirkten, richteten sich gegen die Aufnahme Geflüchteter. Im Mai 2017 startete der Verein in Cottbus eine Kampagne unter dem Motto „Grenzen ziehen“. Im zweiwöchentlichen Takt kamen seitdem jeweils einige Hundert Anhänger*innen zusammen. Nachdem im Januar 2018 zwei Gewalttaten syrischer Jugendlicher gegen Deutsche bekannt geworden waren, wuchs die Beteiligung an den Demonstrationen auf mehrere Tausend Personen an. Auch in anderen Brandenburger Städten mobilisierte der Verein 2018 zu Demonstrationen, die Zahl der Teilnehmer*innen blieb allerdings niedrig. Bis heute veranstaltet der Verein Demonstrationen in Cottbus, die einige Hundert Personen auf die Straße bringen. Im Zuge der COVID-19-Pandemie setzte der Verein zusätzlich die Kritik an den Corona-Maßnahmen der Regierung auf die Agenda und rief zu Protestveranstaltungen auf.
Die Aktivitäten in sozialen Medien sowie die Organisation und das Auftreten bei den Demonstrationen zeichnen sich durch eine bemerkenswerte Professionalität aus. Vielfach wurde deshalb darüber spekuliert, ob Zukunft Heimat dabei Hilfe erhalte, insbesondere von ehemaligen Mitgliedern der verbotenen Widerstandsbewegung Südbrandenburg; Sprecher von Zukunft Heimat bestreiten dies aber. Der brandenburgische Verfassungsschutz bestätigte im Frühjahr 2020 diesen Verdacht der Zusammenarbeit und stufte den Verein Anfang 2020 als vollständigen Beobachtungsfall ein. Für den Vereinsvorsitzenden Berndt selbst hat der Verfassungsschutz ein Einzelvermerk angelegt.
Die Golßener Initiative inszeniert sich als Heimatverein, der sich nicht nur gegen Geflüchtete wendet, sondern sich auch für Radwege einsetzt und Erntedankfeste feiert. Programmatisch hat Zukunft Heimat große Schnittmengen mit der AfD und der Identitären Bewegung. Die Fluchtmigration wird als ein von der Bundesregierung gesteuertes Vorhaben angesehen, mit dem eine multikulturelle Gesellschaft herbeigeführt werden solle. Dadurch drohe, so die Initiative, eine „Zerstörung der Heimat“ und eine „Auflösung des deutschen Volkes“. Dagegen wollen ihre Mitglieder mit Gleichgesinnten „Widerstand leisten“. Zukunft Heimat strebt die Schließung der Außengrenzen Deutschlands sowie massenhafte Abschiebungen Geflüchteter an. Um diese Ziele zu erreichen, halten die Aktivist*innen den Sturz der Bundesregierung für notwendig. Die Bundeskanzlerin will der Verein anschließend vor Gericht stellen. Eine 2018 vom Moses Mendelssohn Zentrum (MMZ) veröffentlichte Analyse von Reden auf Zukunft-Heimat-Kundgebungen bestätigt erhebliche Schnittmengen zu extrem rechter Ideologie und latent antisemitische Weltbilder.
Wie offen mittlerweile der Antisemitismus auf Veranstaltungen von Zukunft Heimat zur Schau gestellt wird, zeigen die gelben Davidsterne mit der Inschrift „nicht geimpft“, die einige Demonstrationsteilnehmer*innen bei einer Kundgebung in Cottbus im Mai 2020 mit sich trugen.
„Knotenpunkt des Widerstands“
Die Vernetzung mit anderen Akteuren zu einer rechten Bewegung, auch über die Region hinaus, gehört zum Selbstverständnis von Zukunft Heimat. Das Ziel der Kampagne in Cottbus ist es, einen „Knotenpunkt des patriotischen Widerstands“ zu schaffen. Zu diesem Zweck arbeitet die Initiative eng mit der AfD zusammen, von deren Funktionär*innen sie ideell wie materiell unterstützt wird; umgekehrt wirbt die Initiative Wählerinnen und Wähler für die Partei. Dabei intensivierte sich das Zusammengehen zusehends: Im Jahr 2018 trat der Vorsitzende Hans-Christoph Berndt in die AfD ein, im Jahr 2019 besetzte er den zweiten Listenplatz für die Landtagswahl in Brandenburg und sitzt heute für die Partei im Brandenburger Landtag. Etliche weitere der derzeitigen AfD-Landtagsabgeordneten waren und sind bei Zukunft Heimat-Kundgebungen in Erscheinung getreten oder als Mitglieder aktiv, etwa die beiden AfD-Landtagsabgeordneten Peter Drenske und Volker Nothing. Der bemüht bürgerlich auftretende Verein fungiert sowohl als außerparlamentarischer Arm und Vorfeldorganisation der AfD als auch als Rekrutierungsbecken für Kandidat*innen im Landtagswahlkampf. Am 27.Oktober 2020 wurde Hans-Christoph Berndt, als Nachfolger von Andreas Kalbitz, zum Fraktionsvorsitzenden der brandenburgischen AfD gewählt, womit die Partei ihren extrem rechten Kurs fortsetzt.
Ein weiterer enger Partner ist Pegida, deren Vertreter*innen nach jenen der AfD am häufigsten zu Kundgebungen in Cottbus als Redner*innen eingeladen werden; umgekehrt war der Zukunft-Heimat-Vorsitzende Hans-Christoph Berndt mehrfach als Redner bei Demonstrationen in Dresden zu Gast. Freundschaftliche Beziehungen bestehen zu asylfeindlichen Initiativen wie dem Bürgerforum Südbrandenburg, zum neurechten Institut für Staatspolitik, dem Magazin Compact sowie der extrem rechten Identitären Bewegung. Die rechte Kampagnen-Agentur Ein Prozent wirbt überregional für die Cottbuser Demonstrationen. Unter den Teilnehmer*innen sind regelmäßig militante Neonazis aus der Lausitzer Fußballfanszene, dem Rechtsrock– und dem Kampfsportmilieu. Die Vereinsvorsitzenden lehnen es ab, sich von diesen Neonazis zu distanzieren, sie bestehen lediglich darauf, dass die Demonstrant*innen friedlich bleiben müssen. Die Scharnierfunktion von Zukunft Heimat in extrem rechte und eindeutig neonazistische Strukturen ist offensichtlich.
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Joschka Fröschner, Jakob Warnecke: „Was interessiert mich denn Cottbus?“ Dynamiken rechter Formierung in Südbrandenburg: der Verein Zukunft Heimat. 2. Auflage mit neuem Vorwort, Potsdam 2021.