© Erich Ferdinand | CC BY 2.0
Was tun gegen rechte Postwurfsendungen?
Besonders vor Wahlen landet auch Propaganda rechter Parteien im Briefkasten. Das müssen Sie sich nicht gefallen lassen. So gehen Sie gegen unerwünschte Post von rechtsaußen vor.
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Besonders vor Wahlen landet auch Propaganda rechter Parteien im Briefkasten. Das müssen Sie sich nicht gefallen lassen. So gehen Sie gegen unerwünschte Post von rechtsaußen vor.
Was mache ich, wenn ich die Werbung rechter Parteien nicht haben will?
Wenn Sie beispielsweise von der NPD keine Werbung bekommen wollen, müssen Sie auf Ihrem Briefkasten einen Aufkleber mit der Aufschrift „Keine Werbung der NPD einwerfen!“ anbringen. Um auch von anderen rechten Parteien keine Werbung zu bekommen, müssen Sie auf dem Briefkasten deutlich sämtliche Parteien nennen, von denen Sie keine Werbung haben wollen. Auf dem Aufkleber sollte dann beispielsweise stehen: „Keine Werbung von NPD, DIE REPUBLIKANER und AfD einwerfen!“ Schreiben Sie keine Begründungen oder Stellungnahmen auf den Aufkleber, damit Ihr eigener Wille klar erkennbar bleibt.
Was tue ich, wenn ich trotz eines entsprechenden Aufklebers rechte Parteiwerbung bekomme?
Landet trotz eines Aufklebers etwa ein Werbeblatt der NPD im Briefkasten, ist das rechtswidrig und führt zu einem sogenannten Unterlassungsanspruch, den Sie gegen in diesem Fall die NPD geltend machen können. Beauftragen Sie eine Anwältin oder einen Anwalt damit, eine Unterlassungsklage beim zuständigen Gericht gegen die NPD einzureichen.
Falls Sie gleichgesinnte Nachbar*innen haben, die ebenfalls trotz eindeutigem Aufkleber Werbung von der NPD bekommen haben, tun Sie sich mit diesen zusammen und reichen Sie gemeinsam die Unterlassungsklage ein. Das verringert den Aufwand und auch das Kostenrisiko.
Die Erfolgsaussicht vor Gericht ist zwar hoch, weil die Rechtslage eindeutig ist. Die Kosten des Verfahrens trägt die unterlegene Partei. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass Sie das zivilrechtliche Verfahren nicht gewinnen. In diesem Fall müssten Sie für die Prozesskosten aufkommen.
Was tue ich, wenn eine rechte Partei trotz Gerichtsurteil wieder Werbung einwirft?
Kommt es nach einer vor Gericht durchgesetzten Unterlassungsklage zu einem weiteren Einwurf von Werbematerial in Ihrem Briefkasten, sollten Sie wieder Ihre*n Anwältin*Anwalt beauftragen, die Vollstreckung zu veranlassen. Das Gericht schickt dann einen Gerichtsvollzieher oder eine Gerichtsvollzieherin zu der Partei, um von der Partei ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro einzufordern. Ihnen entstehen dabei keine Kosten. Die trägt allein die gegnerische Partei.
Wie ist die Rechtsprechung in Bezug auf rechte Postwurfsendungen?
Die Parteien haben zwar das im Artikel 21 des Grundgesetzes („Parteienprivileg“) verbriefte Recht, ihrer politischen Tätigkeit ungehindert nachgehen zu können. Daraus ergibt sich aber keine Pflicht für Bürger*innen, sich von Parteien informieren lassen zu müssen. Ein Berliner hatte deshalb die Partei Die Republikaner verklagt und Recht bekommen.
Das Berliner Kammergericht (Aktenzeichen 9U 1066/00) stellte 2001 für diesen und andere Fälle, bei denen auf dem Briefkasten ein Aufkleber mit der Forderung „Keine Werbung einwerfen“ angebracht ist, in einer Grundsatzentscheidung klar: „Soweit es um Werbematerial geht, mit dem die politischen Parteien ihre Inhalte und Zielrichtungen dem Bürger nahe bringen und auf diese Weise – zumindest mittelbar – auch für Wählerstimmen werben wollen, besteht kein Anlass zu einer unterschiedlichen Behandlung von Konsumwerbung und politischer Werbung“.
Diese „negative Informationsfreiheit“ wird, so urteilte das Kammergericht, schon beim ersten gegen den erklärten Willen erfolgten Einwurf von solchem Werbematerial verletzt: „Der Betroffene kann sich bereits gegen den vereinzelten unerwünschten Einwurf von Werbematerial in seinen Briefkasten wehren, um der Ausweitung einer derartigen Inanspruchnahme (…) zu begegnen.“
Das Urteil des Berliner Kammergerichts wurde vom Bundesverfassungsgericht (Aktenzeichen 2 BvR 2135/01) bestätigt.
Das Amtsgericht Königs Wusterhausen (Aktenzeichen 9C 205/12) entschied im Juni 2012, dass ein Unterlassungsanspruch der Empfänger*innen gegen die NPD entsteht, wenn die Partei oder von ihr beauftragte Dritte trotz eines Aufklebers mit der Aufschrift „Keine Werbung der NPD!“ eines ihrer Werbeblätter in den Briefkasten einwerfen lässt, ohne vorher entsprechende Kontrollen durchzuführen. Mitglieder der Initiative Buchholz offen und bunt hatten den Unterlassungsanspruch gegenüber der NPD durchgesetzt. Das Landgericht Potsdam (Aktenzeichen 2S 15/12) bestätigte das Urteil im April 2013.
Der NPD war die Rechtslage bereits klar, denn sie wies im März 2012 ihre Mitglieder darauf hin, dass es immer unzulässig sei, „Parteiwerbung in Briefkästen zu werfen, an denen der ausdrückliche Hinweis ,Keine Werbungʻ oder so ähnlich angebracht ist“. Sie betonte zudem die möglichen „hohen Prozesskosten für die Partei“.
Dennoch verteilte die NPD 2014 erneut Flugblätter in mit dem Aufkleber gekennzeichnete Briefkästen in Märkisch Buchholz. Das Amtsgericht Königs Wusterhausen verhängte im Dezember 2014 eine Geldstrafe von 4.000 Euro. Das Landgericht Cottbus (Aktenzeichen 7 T 60/15) wies eine dagegen gerichtete Beschwerde der Partei am 8. April 2016 ab: Die NPD muss die Strafe sowie sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten der vier Kläger*innen bezahlen.