© supernju | CC BY-SA 2.0
Was tun bei Rassismus am Arbeitsplatz?
Leider kommt es immer wieder vor: rassistische Sprüche am Arbeitsplatz, diskriminierende Witze bis hin zu Hetze und rechter Propaganda. Was kann man dagegen tun?
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Leider kommt es immer wieder vor: rassistische Sprüche am Arbeitsplatz, diskriminierende Witze bis hin zu Hetze und rechter Propaganda. Was kann man dagegen tun?
Vorbereitet in Diskussionen gehen
Lothar Judith, Organisationssekretär beim DGB-Region Südbrandenburg/Lausitz, kennt solche Situationen: „Rassistische Sprüche machen einen oft sprachlos. Macht es Sinn, jetzt zu diskutieren – oder habe ich noch andere Handlungsoptionen? Bin ich argumentativ fit, oder gehen mir die Argumente aus? Darf ich am Arbeitsplatz politisch argumentieren – oder muss ich es sogar? Wir alle sind mit neuen Herausforderungen im Umgang mit rechten Positionen konfrontiert und manchmal verunsichert. Deshalb ist es sinnvoll, sich entsprechend weiterzubilden. Es gibt zahlreiche Anbieter von Argumentationstrainings, die einem weiterhelfen können – Gegenargument zum Beispiel oder Aufstehen gegen Rassismus. Bei Bedarf können auch Gewerkschaften solche Seminare anbieten.“
Hilfe beim Betriebsrat suchen
Zur Situation im Betrieb rät Judith: „Auch wenn man sich noch nicht argumentativ fit fühlt, sollte man rassistische Sprüche nicht unkommentiert stehen lassen! Man sollte sachlich bleiben, aber immer sagen, dass man eine andere Meinung hat. Und man kann versuchen, von Kolleg*innen Unterstützung zu holen. Wenn so etwas häufiger vorkommt, sollte man mit dem Betriebs- oder Personalrat reden. Der kann dann das Gespräch mit dem Arbeitgeber bzw. der Personalleitung führen. Falls es keinen Betriebs- oder Personalrat gibt, sollte man Kontakt zur Gewerkschaft aufnehmen.“ Laut § 80 Absatz 7 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) gehört es zu den Aufgaben des Betriebsrates, „die Integration ausländischer Arbeitnehmer*innen im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen“. Einen Betriebsrat wählen können Beschäftigte in Betrieben mit fünf oder mehr Kolleg*innen (siehe: BetrVG § 1).
Informationsangebote wahrnehmen
Generell ist es wichtig, sich zu informieren: Manchmal klopfen Kolleg*innen nicht nur Sprüche, sondern sind Anhänger*innen rechter Gruppierungen oder Organisationen. Woran kann ich eine rechte Anhängerschaft erkennen? Welche Symbole werden verwendet, welche Kleidung getragen oder welche Musik gehört? Der Arbeitgeber kann helfen, indem er Informationsangebote schafft wie Diskussionen und Workshops über Rassismus und Neonazismus. In Brandenburg bietet zum Beispiel das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus (MBT) solche Formate an.
Vorfälle dokumentieren
Zudem ist es sinnvoll, Vorfälle genau zu dokumentieren: Wann, wo und wie wurde ich durch Kolleg*innen angegangen? Von welchen rassistischen Beleidigungen gegenüber meinen Kolleg*innen wurde ich Zeug*in? Oft ist es schwer, sich zu wehren, wenn man in der Situation allein bleibt. Unterstützen Sie deshalb Ihre Kolleg*innen – Opfer von Rassismus brauchen unsere Solidarität. „Rassistische Sprüche sind eine spezielle Art des Mobbings“, so Judith. „Das steht man alleine nicht gut durch. Also: Hilfe suchen! Bei Kolleg*innen, bei Betriebs- oder Personalräten, bei den Gewerkschaften …“ In Brandenburg bietet auch die Antidiskriminierungsberatung des Vereins Opferperspektive Unterstützung in solchen Fällen an.
Betriebsvereinbarungen schaffen Klarheit
Lothar Judith weiß: „Rassistische Sprüche können die friedliche Zusammenarbeit im Betrieb stören. Es gibt zahlreiche Unternehmen, die Betriebsvereinbarungen für den Umgang mit Rassismus im Betrieb geschlossen haben.“ Solche Betriebsvereinbarungen sind freiwillig – aber können sehr hilfreich sein. Zum einen hat eine klare Positionierung des Unternehmens sowohl eine Wirkung nach außen als auch auf die Mitarbeiter*innen. Zum anderen ist schon bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages klar, dass mein neuer Arbeitgeber kein diskriminierendes Verhalten duldet. „Wir, die Geschäftsführung der EKO Stahl GmbH, wenden uns gegen Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus in den Betrieben“, schrieb die heutige ArcelorMittal Eisenhüttenstadt GmbH im Sommer 1998. 2004 verabschiedeten Geschäftsführung und Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung. Diese eindeutige Stellungnahme hatte in ganz Brandenburg Signalwirkung. Im Internet gibt es verschiedene Mustervereinbarungen, so zum Beispiel einen Vorschlag des DGB-Bundesvorstandes.
Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht
Darüber hinaus hat der Arbeitgeber eine Schutzpflicht für seine Angestellten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verlangt vom Arbeitgeber, jeder Beschwerde über Verstöße gegen das AGG nachzugehen und fordert die Ernennung eines Anti-Diskriminierungs-Beauftragten in der Firma. Ist der*die Chef*in uneinsichtig und ist auch kein Betriebsrat vorhanden, hilft nur noch der juristische Weg. Auch das ist alleine schwierig und kann kostspielig sein. Gewerkschaften bieten Hilfe in arbeitsrechtlichen Fragen. Und: Gewerkschaftsmitglieder erhalten bei Problemen im Betrieb Rechtsschutz. Dies ist mit dem Mitgliedsbeitrag abgedeckt.
Zum Weiterlesen:
Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Rassismus im Betrieb die Rote Karte zeigen, Berlin 2015.