© Christoph Schulze
Rechte Modemarken
Im Land Brandenburg stellen mehrere Firmen Mode für die rechte Szene her. Rechte Mode ist wie Rechtsrock ein Bestandteil der Lebenswelt von Rechtsextremen.
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Im Land Brandenburg stellen mehrere Firmen Mode für die rechte Szene her. Rechte Mode ist wie Rechtsrock ein Bestandteil der Lebenswelt von Rechtsextremen.
Nach außen manchmal provokant und martialisch aufgemacht, manchmal aber auch nur mit dezenten Hinweisen auf den ideologischen Hintergrund, dienen diese Marken unter Rechten der Identitätsstiftung und der gegenseitigen Erkennbarkeit. Im Laufe der Zeit ist ein profitabler Markt entstanden. So erwirtschaftete die deutschlandweit größte und bei Neonazis beliebte Modefirma, die in Mittenwalde ansässige Marke Thor Steinar, in den Jahren 2005 bis 2013 einen Gesamtgewinn von über drei Millionen Euro.
Manche der Marken beschränken sich bei der Wahl der Motive auf ihrer Kleidung bewusst auf ideologische Andeutungen, lassen also immer Fragen offen: Geht es beispielsweise „nur“ um Wikingerkitsch oder schon um klar rechtsextreme Geschichtsmystik? Für Teile der Kundschaft ist gerade diese ästhetische Uneindeutigkeit interessant. Man kann sich den rebellischen Schick einer „umstrittenen“ Marke zu eigen machen, so eigene politische Sympathien bekunden und im Zweifelsfall doch abstreiten, „ein Rechter“ zu sein.
Thor Steinar
Thor Steinar unterhält europaweit Dutzende Shops und expandierte in den letzten Jahren vor allem in Osteuropa. Der Marktführer in der rechten Bekleidungsindustrie wurde 2002 in Königs Wusterhausen von Axel Kopelke und Uwe Meusel ins Leben gerufen. Udo Siegmund, der Kontakte in die Rechtsrockszene hatte, war in den ersten Geschäftsjahren für Teile des Versands zuständig, verließ die Firma jedoch. Kopelke überschrieb den Vertrieb mehrmals auf Fremdunternehmer, 2009 kurzzeitig auf einen arabischen Investor, was innerhalb der Szene für Verwirrung und Boykottaufrufe sorgte. Heute führt der Schweizer Marco Wäspe die Geschäfte der MediaTex GmbH, die Trägerfirma hinter der Marke Thor Steinar.
Die Motive beziehen sich vielfach auf die nordische Mythologie. Runen und vorchristliche Symbole lassen die Designs mystisch wirken und stellen Bezüge zur rechten Vorstellungswelt einer „nordischen Rasse“ her. Andere Motive drücken Gewaltfantasien aus, wie etwa ein T-Shirt mit dem Spruch „Straight Answer“ („direkte Antwort“) neben der Abbildung einer Kleinkaliberpistole. Im Repertoire sind darüber hinaus auffallend viele Motive mit Bezug zur deutschen Kolonialzeit. Mit der Kollektion „TS Performance“ biedert sich die Marke bei Extremsportbegeisterten an, Aufdrucke wie „Stadionverbot! Na und?“ sollen Fußballfans ansprechen. Während der Corona-Pandemie brachte Thor Steinar Gesichtsmasken mit den Aufdrucken „Maulkorb Demokratie“ und „Alles Lüge“ auf den Markt.
Erik & Sons
2007 registrierte der ehemalige Thor-Steinar-Mitarbeiter Udo Siegmund die Marke Erik & Sons. Seine Firma, mit Sitz im Ort Niederlehme in der Nähe von Königs Wusterhausen, setzt größtenteils auf Motive aus der nordischen Sagenwelt. Zudem wurde Kleidung mit dem Aufdruck „Alarmstufe Weinrot“ entworfen, die Fußballfans des BFC Dynamo ansprechen soll. Eindeutige Bezüge von Erik & Sons zur rechten Szene werden auf T-Shirts mit einem aufgedruckten Reichsadler oder in Slogans wie „My favorite color is white“ („Weiß ist meine Lieblingsfarbe“) deutlich.
Eine weitere Verbindung liegt im Verkauf von Rechtsrock, wie etwa CDs der rechtsextremen Bremer Hooligan-Band Kategorie C. Dass die Firma 2015 auf dem von der NPD organisierten „Eichsfeldtag“ in Thüringen einen Verkaufsstand betrieb und ihr Inhaber Siegmund noch 2017 Rechtsrock-Konzerte besuchte, zeugt von dieser Nähe.
Label 23
Die Cottbuser Marke entstand 2009 aus dem Label Boxing Connection, dessen Inhaber bis 2012 Markus Walzuck war. Walzuck war 2010 und 2011 Deutscher Meister im Kickboxen, der Sportler gehörte der 2012 verbotenen Neonazi-Gruppe Spreelichter sowie der rechten Fan-Gruppe Inferno Cottbus 99 an. Heute bilden Label 23 und Boxing Connection ein zusammenhängendes Label. In Cottbus wird die Kleidung im Szenegeschäft „Blickfang“ verkauft.
Durch Walzucks Anbindung an die Fußball-Szene funktioniert die Marke regional als Erkennungszeichen für rechte Ultras und Hooligans. Pathetische Slogans wie „Unbreakable Brotherhood“ („Unzerbrechliche Bruderschaft“) und Begriffe wie Ehre, Herkunft und Stärke prägen die Designs. Aufgrund der Aktivitäten Walzucks als Kampfsportler trugen vereinzelt auch etablierte Sportler Label-23-Kleidung zur Schau. 2016 posierten russischen Neonazis für die Marke. Auf den Werbefotos wurden die Hakenkreuz-Tattoos der Models retuschiert.
Black Legion
Seit 2016 vertreiben Neonazis aus Cottbus die Marke Black Legion, die sie als Kleidung „von der Szene für die Szene“ bewerben. Der Händler Martin Seidel führt daneben in Cottbus mit Rebel Records eine der bundesweit wichtigsten Rechtsrock-Produktionsfirmen. Black Legion wendet sich mit Designs, in denen Zitate von Adolf Hitler wie auch in der Szene genutzte Slogans wie „Defend Europe“ („Verteidige Europa“) verwendet werden, vorrangig an eine junge und gewaltaffine Kundschaft.
Mit Aufdrucken wie „drugfree“ („drogenfrei“) will Black Legion Anhänger*innen einer sportorientierten, gesundheitsbewussten Jugendkultur ansprechen. Dazu gehört auch, dass die Marke als Sponsor von Sportveranstaltungen der Neonazi-Szene auftritt. Daneben war Black Legion 2017 mehrmals mit Verkaufsständen auf Rechtsrock-Konzerten präsent.
Greifvogel Wear
Ursprünglich 2013 in Dresden registriert, residiert diese Marke seit Ende 2016 im südbrandenburgischen Ort Lindenau. Geschäftsführer ist der Neonazi Sebastian Raack der auch für das Rechtsrock-Label OPOS Records verantwortlich zeichnet. Greifvogel Wear ist eine der beliebtesten Marken bei neonazistischen Kampf- und Kraftsportler*innen. Mit martialischen Motiven aus der griechischen Mythologie und Sprüchen wie „might is right“ („Macht ist Recht“) werden sportliche Aspekte mit rechter Rhetorik vermischt. Allerdings finden sich auch Reminiszenzen an den nationalsozialistischen Terroristen Albert Leo Schlageter. Als zentrales Symbol der Marke dient ein durchkreuztes mathematisches Gleichheitszeichen, das die Ablehnung des Gleichheitsgedankens ausdrücken soll.
Das Label stellt in verschiedenen Sportarten eigene Teams zusammen, die sowohl bei regulären öffentlichen Wettkämpfen auftreten als auch auf eindeutig rechten Kampfsportevents wie dem „Kampf der Nibelungen“.