Die Preisverleihung „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ mit der das „Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt (BfDT)“ am 26. April in Hildesheim vorbildliche zivilgesellschaftliche Aktivitäten im Bereich der praktischen Demokratie- und Toleranzförderung prämiert hat, verlief anders als von den Veranstaltern erwartet.
Das Göttinger Bündnis zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus nutzte die Verleihung des Hauptpreises in Höhe von 4.000 Euro zu einer politischen Stellungnahme. Zuvor war dem Bündnis Neukölln ein bereits zugesagter Preis durch das BfDT nachträglich aberkannt worden. Die Bundesministerien für Inneres und Justiz hatten das BfDT angewiesen, dem Bündnis Neukölln den Preis abzuerkennen, weil dort die vom Verfassungsschutz (VS) beobachtete Interventionistische Linke (IL) Mitglied ist. Das Göttinger Bündnis spendete daher 1.000 Euro aus dem eigenen Preisgeld an das Bündnis Neukölln.
„Gedenken braucht einen Standpunkt gegen das Fortbestehen rechter Ideologie und rechtsextremer Aktivitäten in Alltag und Gesellschaft“, zitierte Lisa Hoffmann, Vertreterin des Göttinger Bündnisses, aus der Präambel der Initiative. Diesen Standpunkt vermisse man bei der Entscheidung des BfDT entschieden. Das Bündnis Neukölln setze sich für eine vielfältige Gesellschaft ohne Diskriminierung und gegen die immer bedrohlicher werdende rechte Gewalt gegen Migrant_innen und politisch Linke ein, so Hoffmann weiter, die bei dieser Gelegenheit auf die Vielzahl von Anschlägen etwa gegen einen Buchladen, ein linkes Café und den Bezirkspolitiker der Partei Die Linke, Ferat Kocak verwies. Mit der Aberkennung des Preises mache das BfDT die Opfer der rechten Gewaltserie zu Tätern, statt sie gemäß der eigenen Ziele zu unterstützen. „In einer Zeit, in der rechte Gewalt immer weiter zunimmt, ein fatales Signal“, so Hoffmann „der Preis hätte dem Bündnis Neukölln verliehen werden müssen.“
Die Ziele des Bündnisses Neukölln stünden in Einklang mit den Zielen des Göttinger Bündnisses und des BfDT, ergänzte Mats Paulke, der gemeinsam mit Hoffmann den Preis entgegennahm. Eine bloße Beobachtung durch den VS rechtfertige keinesfalls die Rücknahme des Preises. Der Verfassungsschutz habe sich nicht nur im Fall von Andreas Temme oder bei der langjährigen Beobachtung Gregor Gysis selbst als politischer Akteur entlarvt. Die gesamte Entscheidung sei durch die Tatsache, dass mit Jens Maier ein Vertreter des extrem rechten völkischen Flügels der sog. „Alternative für Deutschland“ (AfD) seit der Bundestagswahl im Beirat des BfDT sitze, ein handfester politischer Skandal. Maier hatte die Rücknahme des Preises in sozialen Medien als „politischen Erfolg für die AfD“ gefeiert. „Nichts könnte deutlicher zeigen, wie falsch diese Entscheidung war“, so Paulke.
Man habe lange mit sich gerungen, ob man den Preis annehmen solle, sich aber am Ende dafür entschieden, so die Göttinger_innen. Als Zeichen der Solidarität mit dem Bündnis Neukölln kündigten Hoffmann und Paulke zum Abschluss ihrer Stellungnahme an, 1.000 Euro des Preisgeldes dorthin zu spenden.
Hildesheim, 26. April 2018