Wahlcheck 2025
Im September 2025 finden in zahlreichen Kommunen in Brandenburg Bürgermeister*innenwahlen statt. In unserem Wahlcheck 2025 stellen wir Kandidat*innen vor, die mit der Verbreitung extrem rechter Ressentiments oder mit Kontakten zum organisierten Rechtsextremismus auf sich aufmerksam gemacht haben.
Chaled-Uwe Said: Fan der Wehrmacht-Luftwaffe
Für seinen Wahlkampf zur Oberbürgermeister*innenwahl in Potsdam hat Chaled-Uwe Said einen Zehn-Punkte-Plan veröffentlicht. Eines seiner Vorhaben ist die Schaffung eines „Remigrationsbeauftragten“. Und das ausgerechnet in der Stadt, die mit den Vertreibungsplänen von Rechtsextremen bundesweit Aufmerksamkeit erhielt. Als Reaktion darauf gingen Anfang 2024 bundesweit Millionen Menschen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus und Rassismus auf die Straße. „Remigration“ setzt Said gezielt für seinen Wahlkampf ein und befürwortet die sofortige Abschiebung Hunderter Menschen aus Potsdam als oberste Priorität.
Said ist nicht nur rhetorisch auf AfD-Linie in Sachen Migration, er mobilisierte 2023 selbst aktiv mit seiner Potsdamer Fraktion unter dem Banner „Remigration, jetzt“ gegen eine städtische Informationsveranstaltung für eine Geflüchtetenunterkunft in Potsdam. Als die muslimische Gemeinde Potsdam im Lustgarten 2024 das Zuckerfest feierte, postete Said ein Video davon auf Instagram mit dem Text: „Landnahme in Potsdam Friedrichs des Großen“.
Mit seinem eigenen Migrationshintergrund geht Said sogar gewinnbringend in der AfD hausieren. Der gebürtige Dresdner, dessen Vater aus Syrien stammt, schrieb in seinem Bewerberprofil für den AfD-Listenparteitag zur Landtagswahl 2019: „Ich möchte dazu beitragen, dass die illegale Einwanderung in Brandenburg konsequent bekämpft und unattraktiver wird. Mein ,Migrationshintergrundʻ hilft, hier weitere Akzente zu setzen.“
Seit 2017 ist Said Mitglied in der rechtsextremen AfD. Ab 2018 ist er Mitglied des AfD-Kreisvorstandes Potsdam. Seit 2020 sitzt er für die Partei in der Stadtverordnetenversammlung (SVV) von Potsdam. Mehrmals versuchte er vergeblich, in den Brandenburger Landtag einzuziehen. 2019 schrieb er auf die Frage, warum er für den Landtag kandidiere: „Die Gestaltungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene sind eng begrenzt. Wesentliche politische Änderungen müssen auf Landes- und Bundesebene erfolgen, um kommunal Lösungen herbeiführen zu können.“
Said war 2024 Gast auf der AfD-Wahlparty in Potsdam, die bundesweit Aufmerksamkeit erhielt, nachdem dort „Millionenfach Abschieben“ und „Remigration“ auf einem von Gästen gehaltenen Schild und in einem Song gefeiert wurden. Am Rande der Veranstaltung wurde Said als „Faschist“ durch einen Gegendemonstranten bezeichnet, den er anzeigte. Die Ermittlungen haben jedoch keinen Anlass zur Erhebung einer Anklage ergeben, informiert die Potsdamer Fraktion DIE aNDERE in einer Mitteilung unter dem Titel „Chaled-Uwe Said darf als Faschist bezeichnet werden“.
Wie bereits vor vergangenen Wahlen, gibt sich Said in Presseinterviews vor der Bürgermeister*innenwahl betont sachlich und kollegial. Sein Verhalten in den sozialen Medien offenbart jedoch ein anderes Bild. Er bezeichnet Politiker*innen der Regierung als „Idioten“. Wenn er von der Partei Bündnis 90/Die Grünen schreibt, bezeichnet er sie als #GrueneSekte und #GruenerMist. In einem Video verbreitet er Unwahrheiten über zwei SPD-Politiker: Er behauptet Kevin Kühnert und Daniel Keller hätten in ihrem Leben noch nie gearbeitet.
Said hat eine Vorliebe für die Wehrmacht, konkreter für die Luftwaffe der Nationalsozialisten, auf deren Leistung man stolz sein könne. Zum 81. Jahrestag einer ihrer Operationen, dem Unternehmen Merkur, schrieb Said auf X : „Gedenken an die gefallenen oder verwundeten ca. 6.000 Fallschirmjäger des Unternehmens ,Merkurʻ #TreueUmTreue“. Unerwähnt ließ Said, dass während und nach der Operation in Griechenland von deutschen Soldaten mehrere Kriegsverbrechen an Zivilist*innen verübt wurden, wie das Massaker von Kondomari. Den Spruch „Treue um Treue“ verbot die Bundeswehr 2014, weil er stark mit der Wehrmacht-Fallschirmtruppe und der NS-Ideologie assoziiert wird. Angehörige verschiedener Einheiten der Fallschirmjägertruppe waren zwischen 1943 und 1945 an zahlreichen weiteren Kriegsverbrechen beteiligt, wie einem Massaker bei Pietransieri, bei dem 125 Zivilist*innen ermordet wurden. Zum 84. Jahrestag setzte Said einen ähnlichen Post ab und ergänzte ihn mit den Hashtags #RuhmUndEhre und #KommstDuNachSparta. Letzterer Slogan wurde unter anderem in abgewandelter Form vom Hitler-Stellvertreter und Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Hermann Göring, in einer Ansprache verwendet, um soldatische Opferbereitschaft zu glorifizieren.
In einem von ihm mit „Gefällt mir“ markierten Video auf Instagram, das im Juli 2025 gepostet wurde, aber mittlerweile nicht mehr online verfügbar ist, wird Hans-Ulrich Rudel verherrlicht. Rudel war der höchstdekorierte Pilot der Wehrmacht. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war er Gründer des „Kameradenwerks“, das als Hilfseinrichtung für NS-Kriegsverbrecher diente. Zudem trat Rudel im Bundestagswahlkampf 1953 als Spitzenkandidat der rechtsextremen Deutschen Reichspartei (DRP) an.
Auch die Darstellung deutscher Kolonialverbrechen offenbaren Saids Haltung. Zu einer Dokumentation, die den Völkermord an den Herero und Nama in Namibia während der Kolonialherrschaft des Deutschen Reichs thematisiert, schreibt er auf Instagram: „Wie immer im ÖR – der historisch nicht zu begründende #Schuldkult. Es fehlt #Vernunftkraft gegen diesen deutschen Wahn.“ Der Begriff „Schuldkult“ wird häufig von Rechtsextremen verwendet, um die deutsche Erinnerungskultur nach 1945 an die nationalsozialistischen Verbrechen, den Holocaust und auch die Kolonialverbrechen zu diffamieren. In Namibia starben damals Zehntausende Menschen, es kam zu weiteren Verbrechen wie Zwangsarbeit, Enteignungen und die Zerstörung der indigenen Gesellschaften.
In anderen Beiträgen auf Social Media verbreitet Said rechte Narrative. Er wähnt einen „Genderwahn“, der ebenso wie eine vermeintlicher „Klimawahn“ gestoppt werden müsse. An eine Klimakrise glaubt er nicht. Im Jahr 2023 forderte er Fracking und Schiefergasförderung in Deutschland sowie Kernkraftenergie. In einem Post suggeriert Said, es gäbe eine „natürliche Rolle“ der Frau. Auch eine von seinem Parteikollegen Lars Hünich geprägte Forderung greift Said auf, indem er schreibt: „DIESER #Parteienstaat gehört abgeschafft!“
Moritz Bauch
Chaled-Uwe Said schied am 21. September 2025 aus und erreichte mit 13,0 % auf Platz 4 nicht die erforderliche Stimmenanzahl für eine Teilnahme an der Stichwahl.


