Leiter von Ein Prozent ist der rechtsextreme Verleger Philipp Stein, die Trägerinstitution hat ihren Sitz im sächsischen Oybin. In Brandenburg kooperiert Ein Prozent unter anderem mit der AfD, dem rechtsextremen Verein Zukunft Heimat und mit mehreren Rechtsrock-Interpreten.
Vernetzung, Finanzierung und Know-How
Ein Prozent tritt seit Ende 2015 in der Öffentlichkeit auf und will wahlweise eine „Widerstandsplattform“, eine „Lobbyorganisation für heimatliebende Bürger“ oder ein „Greenpeace für Deutschland“ sein. Der Name Ein Prozent soll die Erfolgsaussichten einer solchen Organisation unterstreichen: Gelänge es, ein Prozent der deutschen Bevölkerung in diese „Bürgerbewegung“ einzubinden, wäre genug Masse vorhanden, um dem „Widerstand“ zum politischen Durchbruch zu verhelfen. Die Idee für die Organisation wurde im Umfeld der neurechten Zeitschrift Sezession entwickelt. Der rechtsextreme Verleger und Sezession-Redaktionsleiter Götz Kubitschek protegierte das Projekt von Beginn an. Publizistische Unterstützung erhält Ein Prozent zudem von dem in Brandenburg ansässigen Compact Magazin.
Konkret sammelt die als Verein verfasste Organisation Spendengelder ein – vor allem mittels Crowdfunding-Techniken im Internet. Mithilfe dieses Geldes bezahlt der Verein seine Infrastruktur und finanzierte auch einige politische Interventionen und Kampagnen. Ein Prozent versucht so, die seit 2015 gewachsenen flüchtlingsfeindlichen, rassistischen und rechtsextremen Initiativen zu professionalisieren, zu verstetigen, thematisch zu verbreitern und politisch wirkmächtiger zu machen. Glaubt man den mit großer Wahrscheinlichkeit übertrieben hoch angesetzten Eigenangaben, hat Ein Prozent mittlerweile Spenden von 44.000 Einzelpersonen erhalten und allein im Jahr 2017 rund 250.000 Euro an „patriotische Projekte“ weitergereicht.
Obwohl diese Summen sicherlich recht hoch angesetzt sind, müssen sie in Relation betrachtet werden zu den finanziellen Mitteln, die der AfD durch Spenden und durch Steuermittel zur Verfügung stehen. Ein Prozent ist jedoch kein politisches Gegenprojekt zur AfD, sondern eher ein Ergänzungsstück. Mit den Mitteln von Ein Prozent kann die gegenwärtige soziale Bewegung von rechts mit zusätzlichen Mitteln und direkter unterstützt werden, als es für die AfD als politischer Partei möglich und angemessen wäre – etwa durch Hilfeleistungen für die rechtsextremen Identitären.
Zu den Projekten von Ein Prozent – die durchgängig als „Erfolge“ beworben werden – gehörten unter anderem eine sang- und klanglos gescheiterte Verfassungsbeschwerde gegen die Politik der Bundesregierung sowie „Wahlbeobachtungen“, um den angeblich massenhaft geplanten Wahlbetrug zulasten der AfD bei der Bundestagswahl 2017 und folgenden Wahlen zu „verhindern“. Die Unterstützung von rechten Kandidaturen bei Betriebsratswahlen endete im Frühjahr 2018 mit dem Gewinn von 19 Mandaten für das von Ein Prozent unterstützte „Zentrum Automobil“ und seinen Ablegern (Gesamtzahl der Betriebsratsmandate: 180.000).
Ein „Infoladen“ in Cottbus
In Brandenburg präsentiert sich Ein Prozent als Unterstützer der hiesigen flüchtlingsfeindlichen Proteste. Verschiedene Demonstrationen wurden von Ein Prozent beworben und begleitet. Besonders eng ist die Zusammenarbeit mit der südbrandenburgischen Initiative Zukunft Heimat, auf deren Demonstrationen mehrfach Ein-Prozent-Repräsentanten sprachen. Im Juni 2018 eröffnete Zukunft Heimat in der Cottbuser Mühlenstraße einen „Infoladen“, der von Ein Prozent unterstützt und als „patriotischer Bürgertreffpunkt“ gefeiert wird. Hier sollten bestehende Vernetzungsbemühungen fortgeführt und Veranstaltungen angeboten werden. Mit dem Ladengeschäft „Mühle“ existierte unter Zutun von Ein Prozent eine als öffentlicher Anlaufpunkt gedachte Immobilie der neuen sozialen Bewegung von rechts. Allerdings gelang es nicht, das Projekt zu halten. Mitte 2020 musste die Mühle schließen.
Verbindungsstück zwischen AfD und Identitären
Der Infoladen in Cottbus folgte – so beschreibt es Ein Prozent in einem Werbetext – dem Vorbild des mittlerweile ebenfalls eingestellten „einzigartigen patriotischen Hausprojekts in Halle/Saale“. Tatsächlich wurde auch das Hallenser Hausprojekt der rechtsextremen Gruppe Kontrakultur – ein Ableger der Identitären Bewegung – von Ein Prozent unterstützt. In Halle wie in Cottbus bestand ein enger Austausch mit der AfD. In Halle hatte ein Landtagsabgeordneter sein „Bürgerbüro“ im Kontrakultur-Haus eingerichtet, in Cottbus waren es die brandenburgische Landesgruppe der AfD-Bundestagsfraktion und die Brandenburger Landtagsabgeordnete, die im selben Haus in der Mühlenstraße ein „Bürgerbüro“ betrieben.