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Rechte Ausreiseforderungen
Die Neonazipartei III. Weg verschickt Postkarten mit Gutscheinen für die „Ausreise aller Überfremdungsbefürworter“. Solche Hetzschreiben haben Tradition.
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Die Neonazipartei III. Weg verschickt Postkarten mit Gutscheinen für die „Ausreise aller Überfremdungsbefürworter“. Solche Hetzschreiben haben Tradition.
An zahlreiche Adressen wurden die Ausreiseaufforderungen verschickt. Wahlweise per Boot, über den Landweg oder mit dem Flugzeug („zzgl. Zuzahlung“) sollen die Adressaten Richtung Afrika ausreisen. „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ das Hetzschreiben überschrieben.
Im April gingen diese Postkarten bei mehreren Dutzend Personen und Institutionen im Land Brandenburg ein. Unter ihnen waren Politiker, Vereine, in der Flüchtlingshilfe engagierte Einzelpersonen, Journalisten und Verwaltungen. Teilweise wurden bekannte Postadressen, teilweise auch Privatanschriften verwendet. Die genaue Zahl der Adressaten ist nicht bekannt. Bereits im März war das Schreiben bundesweit, etwa in Bayern, aufgetaucht.
Die Botschaft, die das Schreiben transportieren soll, ist deutlich: Die Neonazis stellen klar, dass sie ihre Feinde kennen, dass sie diese als „Volksverräter“ einordnen und dass in dem von ihnen vorgestellten Deutschland kein Platz für Andersdenkende wäre. Im Kontext des gewalttätigen Handelns von vielen III. Weg-Protagonisten – zuletzt etwa am 1. Mai in Plauen – transportieren die Postkarten auch eine Gewaltandrohung.
Indes sind rechte Hetzschreiben in diesem Stil keine Neuheit. Erst im Februar versendete beispielsweise Die Rechte – eine weitere Neonazipartei – „Boarding Pässe“ zum Verlassen Deutschlands, vor allem an jüdische Organisationen. Auch die NPD hat bereits mehrmals entsprechende Schreiben versendet. Im Wahlkampf 2013 verschickte sie in Berlin „Rückflugtickets“ an Politiker.
Tatsächlich gibt es eine regelrechte Tradition solcher Hetzschreiben. Im Berliner Deutschen Historischen Museum ist zurzeit eine Sonderausstellung zu sehen, die vom Zentrum für Antisemitismusforschung erarbeitet wurde und die den Titel „Angezettelt! Antisemitische und rassistische Aufkleber von 1880 bis heute“ trägt. Den rechten Ausreiseforderungen ist dort eine eigene Rubrik gewidmet – die ältesten Exponate stammen noch aus dem 19. Jahrhundert.
Ein imitiertes Ticket etwa wurde von Antisemiten in Frankfurt am Main verbreitet: „Freifahrtkarte nach Jerusalem – hin und nicht wieder zurück“. Ein anderes: „Freifahrkarte für Juden und Genossen über Nord- und Südpol und Wüste Gobi und Sahara nach Palästina und nie zurück – VI. Klasse“. Von diesen alten Beispielen ausgehend spannt die Ausstellung über die Jahrzehnte einen Bogen bis in die Gegenwart. In den 1990er-Jahren warben etwa die Republikaner: „Wenn wir kommen fliegen andere nach Hause“.
Die Ausstellung „Angezettelt!“ ist bis zum 31. Juli im Deutschen Historischen Museum in Berlin zu sehen.