© Norbert Nagel – own work, CC BY-SA 3.0
5 Fakten über Migration und politische Beteiligung
„Merkel möchte allen Flüchtlingen schnellstmöglich Wahlrecht geben“ titelte die Website „Eine Zeitung. In Satira Veritas“ am 5. Oktober 2015.
© Norbert Nagel – own work, CC BY-SA 3.0
„Merkel möchte allen Flüchtlingen schnellstmöglich Wahlrecht geben“ titelte die Website „Eine Zeitung. In Satira Veritas“ am 5. Oktober 2015.
Der Artikel wurde allein auf Facebook mehr als 147.000 Mal geteilt – so wurde aus Satire ein hartnäckiges Gerücht. Aber dürfen Zugewanderte einfach so wählen? Und wem ist es erlaubt, politisch aktiv zu sein in Deutschland? Hier die wichtigsten Fakten zum Wahlrecht und politischer Beteiligung von Migrant_innen:
1. Darf eine Person ohne deutschen Pass an Wahlen in Deutschland teilnehmen?
Um in Deutschland wählen oder selbst als Kandidat_in gewählt werden zu dürfen, braucht man die deutsche Staatsbürgerschaft. Als einzige Ausnahme gilt das Kommunalwahlrecht für EU-Bürger_innen, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben. Im Vertrag von Maastricht wurde 1992 allen Unionsbürger_innen, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, das passive und aktive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen garantiert. Das gilt bis heute. [1]
2. Welches Wahlrecht habe Migrant_innen in anderen EU-Staaten?
In 15 der 28 EU-Staaten können auch Migrant_innen aus Nicht-EU-Staaten an Kommunalwahlen teilnehmen. Deutschland ist in diesem Aspekt also in der Minderheit. Das Wahlrecht ist aber auch in diesen Staaten an eine von vier Bedingungen geknüpft: Aufenthaltsdauer, Registrierung im Wählerverzeichnis, Art des Aufenthaltsstatus sowie die sogenannte Gegenseitigkeit, also Verträge zwischen zwei Staaten, die jeweils ein Wahlrecht für die Staatsangehörigen des anderen Landes garantieren. Zum Beispiel haben in Portugal und dem Vereinigten Königreich außer eigenen und EU-Staatsbürger_innen nur Menschen mit der Staatsangehörigkeit einer der ehemaligen Kolonien ein Kommunalwahlrecht. [2]
3. Dürfen Migrant_innen in eine deutsche Partei eintreten?
Bei fast allen Parteien ist die deutsche Staatsbürgerschaft kein Kriterium für einen Beitritt. Einzige Ausnahme: die CDU. Sie setzt eine Staatsbürgerschaft in einem EU-Staat und einen einjährigen Wohnsitz in Deutschland voraus. Selbst bei der CSU, der AfD und der NPD gibt es diese Einschränkung nicht. [3]
4. Welches politische Engagement ist für Migrant_innen in Deutschland erlaubt?
Auch ohne deutschen Pass ist es möglich, sich am politischen Geschehen zu beteiligen. Abgesehen von einer Parteimitgliedschaft ist es zum Beispiel möglich, sich in Vereinen und Bürgerinitiativen zu engagieren oder an Protesten wie Demonstrationen und Petitionen teilzunehmen. Obwohl das Wählen nicht erlaubt ist, wollen viele Kommunen, dass Menschen unabhängig ihrer Herkunft am politischen Leben teilhaben können. Aus diesem Grund wurden vielerorts Ausländer- bzw. Integrations-Beiräte eingerichtet. Die Vertreter_innen eines Beirates werden zur Hälfte per Wahl bestimmt: Jede zugezogene Person, die ohne deutsche Staatsangehörigkeit drei Monate in der Kommune lebt, darf wählen und kann aufgestellt werden. Die andere Hälfte setzt sich aus Vertreter_innen der Fraktionen im Gemeinde- bzw. Stadtrat zusammen. Diese Beiräte haben zwar in vielen Gemeinden Antrags- und Rederecht, aber selten eine eigene Entscheidungskompetenz. Sie eignen sich also nur bedingt als Interessenvertretung der Migrant_innen. [4]
5. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Integration?
Immer wieder wird behauptet, Migrant_innen wären weniger motiviert, sich einbürgern zu lassen, wenn sie auf kommunaler Ebene wählen dürfen. Dieses Vorurteil hat sich jedoch in den europäischen Ländern, die ein solches Recht haben, nicht bestätigt. Im Gegenteil, in den Niederlanden hat sich in den zehn Jahren nach der Einführung des Ausländerwahlrechts die Zahl der Einbürgerungen vervierfacht. Dies lässt sich dadurch begründen, dass Migrant_innen sich mehr in die Gesellschaft eingebunden fühlen, wenn sie wählen dürfen. Sie sehen es als Geste der Willkommenskultur und als Anreiz, sich einbürgern zu lassen, um am politischen Leben ganz teilhaben zu können. [5]
[1] Bundeszentrale für politische Bildung: Vertrag von Maastricht
[2] Medien-Servicestelle Neue Österreicher/innen: Wahlrecht für Drittstaatsangehörige im EU-Vergleich
[3] B.Z.: Wer einer politischen Partei beitritt, sollte einen deutschen Pass haben, CDU: Fragen und Antworten zur Mitgliedschaft
[4] Bundeszentrale für politische Bildung: Politische Partizipation von Migrantinnen und Migranten, Bundeszentrale für politische Bildung: Wahlrecht für Drittstaatsangehörige
[5] Bundeszentrale für politische Bildung: Einbürgerung als Alternative zum Ausländerwahlrecht?